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Katrin LompscherDie Neue

Dass am Senatstisch bald ein anderer Ton herrscht, ist seit gestern sicher. Mit der neuen Gesundheits- und Verbraucherschutzsenatorin Katrin Lompscher sitzt künftig nicht nur jene Frau mit Ostbiografie in der Landesregierung, auf der die PDS so hartnäckig bestanden hat. Die 44-Jährige wird das gepflegte Westdeutsch ihrer Kollegen auch mit ausgeprägtem „Icke“- und „Dette“-Sprech bereichern.

Über ihre Qualifikation sagt ihr Berliner Slang allerdings nichts aus, da sind sie sich zumindest bei der PDS einig. „Fachlich ist Katrin Lompscher eine ausgezeichnete Besetzung“, heißt es immer wieder. Auch der starke Mann der Linkspartei, Harald Wolf, hält große Stücke auf die gebürtige Berlinerin. Und das will beim Frauensenator was heißen.

Wolf war es auch, der Katrin Lompscher 1996 als Mitarbeiterin in die Fraktion geholt hat. Der damalige Fraktionschef war auf Lompscher wegen ihrer Tätigkeit am Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in Erkner aufmerksam geworden. Dort arbeiteten viele ehemalige Mitglieder der DDR-Bauakademie, der auch die Diplomingenieurin für Städtebau Katrin Lompscher angehört hatte. Das IRS galt und gilt außerdem als ein unabhängiger Think-Tank, der unliebsame Wahrheiten früher ausspricht, als es der Politik manchmal lieb ist.

Als Politikerin aufgefallen ist Lompscher bislang aber nur als Baustadträtin in Lichtenberg. Dort stritt sie für die Ansiedlung von Ikea und kämpfte mit dem Senatsbaudirektor um die Fassade des Möbelhauses. Doch der Sprung vom Provinzposten ins Rote Rathaus hat in Berlin Tradition. Ingeborg Junge-Reyer hat ihn geschafft, Thomas Flierl ebenfalls, und Klaus Wowereit selbst war einmal Volksbildungsstadtrat in Tempelhof. Politikimporte dagegen haben und hatten es in Berlin schwer. Das weiß nicht nur Finanzsenator Thilo Sarrazin, sondern auch seine Vorvorgängerin Annette Fugman-Heesing.

Die sachliche Zurückhaltung, mit der Lompscher auftritt, wie auch ihre Gabe, Komplexes auf den Punkt zu bringen, wird dem Image des „lautlosen“ Senats keinen Schaden zufügen. Ob sie darüber hinaus als Verbraucherschutzsenatorin punktet, bleibt abzuwarten. Einigen Spielraum bietet das Amt, doch Lompscher muss ihn nutzen.

Bis dahin muss sich nicht nur der Regierende, sondern auch das Berliner Publikum an ein paar „Ickes“ gewöhnen. Aber das gehört zum Lokalkolorit wie die Partyeinlage des Regierenden. Und det is och jut so. UWE RADA

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