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Musik ist Nahrung, ist Energie

NACHTLEBEN Der Club „Kleine Reise“ am Spreewaldplatz feiert heute seinen ersten Geburtstag, und zwar anders als andere, nämlich – leise

Wer sich in Berlin in einem House- oder Technoclub bewegt, erwartet in der Regel nicht, dass er sich auf der Tanzfläche unterhalten kann, ohne brüllen zu müssen. Die Musik ist für gewöhnlich so laut, dass es mitunter wehtut. So was geht auf die Stimmbänder, und für die Ohren ist es auch nicht gerade toll. Dass man aber noch anders feiern kann, macht der Kreuzberger Club Kleine Reise seit mittlerweile einem Jahr erfolgreich vor. Hier kann man tanzen, ohne Hörschutzmaßnahmen ergreifen zu müssen, und trotzdem Spaß haben.

„Die Lautstärke ist etwas über Gesprächslevel, für mich ist das perfekt, es ist einfach sozialer. In Berlin versuchen sonst alle, sich an Lautstärke zu übertreffen“, so Peter Power, einer der vier Betreiber des Clubs. Der dreiundzwanzigjährige Ire zog vor anderthalb Jahren von Dublin nach Berlin und gründete kurz darauf mit seinen befreundeten Landsleuten Patrick Reddy, Jay Alexander und Dara Drea O’Neill den Club am Spreewaldplatz. Denn obwohl Berlin ein beachtliches Angebot an Clubs hat, vermisste Power etwas in der Hauptstadtszene.

„Ich kam nach Berlin und erwartete, von der Vielfalt der Musik in der Stadt überwältigt zu werden. Aber als ich ankam, hatte ich den Eindruck, dass alles ziemlich ähnlich ist und bestimmten Trends folgt.“ In Dublin, wo die Clubs schon um halb drei schließen müssen, hatten Power und seine Freunde als DJs auf sogenannten House Partys aufgelegt, privat organisierten Nächten in verlassenen Industriehallen, wo man ungestört das Wochenende verstreichen lassen konnte. Dort spielte man nicht nur House und Techno, sondern alles, was DJ und Gästen gefiel. „Wir wollten einfach so etwas Ähnliches wie bei unseren House Partys in Dublin machen, mit einem eklektischen Mix von Musik, bei dem es vor allem um Spaß geht.“

Vom Club als strikter musikalischer Monokultur halten Power und Kollegen wenig. „Eklektizismus spielt eine immer größere Rolle, die Leute haben zu allen möglichen Stilen Zugang, und so entsteht ein großer Mischmasch.“ Neben House hört man in der Kleinen Reise daher auch Italo-Disco oder Funk. Dazu passend werden die DJs gebucht. Unter den bisherigen Gast-DJs waren der Hamburger Tensnake, der mit seiner Mischung aus Chicago House, Achtziger-Jahre-Disco und Funk zu den Produzenten des Jahres gehört, und die New Yorker Disco-Ikone Daniel Wang. Auch der durchaus popfreundliche House-Produzent Ian Pooley schaute schon mal vorbei.

Zusätzlich zu den Clubnächten bereiten die Kleine-Reise-Macher derzeit ihr eigenes Label Kleine Reise Records vor. Besonders eilig haben sie es mit dem Veröffentlichen nicht, erscheinen soll nur, was sie für absolut notwendig halten. „Wir wollen zeitlose Musik herausbringen. Wir müssen alle davon überzeugt sein, dass wir die Platte wirklich wollen.“

Im Frühling soll im Hinterhof zudem eine clubeigene Küche eröffnen. Für Power gehört das zum Konzept: „Musik ist für mich wie Nahrung, sie ist Energie. Unsere Resident-Nacht heißt auch ‚Irish Stew‘. Wir füttern unsere Gäste mit Musik, geben ihnen Energie.“ TIM CASPAR BOEHME

■ Kleine Reise, heute ab 21 Uhr

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