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KOMMENTAR: JAN KAHLCKE ÜBER DIE VERZWEIFLUNG DER ROMADeutschland ist in der Pflicht

Das Drama der Roma ist, dass es keinen Ort gibt, an dem sie unbehelligt leben können

Es ist wohlfeil, Nicolas Sarkozy zu geißeln, wenn er Roma nach Rumänien ausfliegen lässt. Auch Deutschland und insbesondere Niedersachsen schiebt Roma ab, wann immer das möglich ist. Auch in Gebiete wie das Kosovo oder Serbien, in denen ihre Lage mindestens ebenso prekär ist wie in Rumänien.

Das Drama der Roma ist, dass es keinen Ort auf der Welt gibt, an dem sie unbehelligt leben können. Anders als den Juden hat die Weltgemeinschaft den Roma nach dem Genozid keinen Ort zugewiesen, an dem sie selbstbestimmt leben könnten. In fast allen Ländern Osteuropas – ob EU-Mitglieder oder nicht – werden Roma systematisch benachteiligt und von staatlichen Leistungen ausgeschlossen. Verfolgt und mit Gewalt oder Tod bedroht werden sie zwar „nur“ von ihren Nachbarn. Die Staaten unternehmen aber zu wenig zu ihrem Schutz.

Daraus könnte man einen Anspruch auf Asyl ableiten. Auch für die Roma hat Deutschland eine besondere Verantwortung, weil auch die Roma von Deutschland schon einmal systematisch vernichtet wurden. Daraus folgt aber bislang nichts.

Ihre Verzweiflung ist daran abzulesen, dass sie erst unter richtigem, dann unter falschem Namen zu bleiben versuchen und schließlich lieber sterben, als zurück in Hoffnungslosigkeit und Unterdrückung zu gehen. Dass Deutschland nicht einmal für die Hinterbliebenen einer solchen Verzweiflungstat eine Lösung findet, ist beschämend.

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