piwik no script img

Abschied vom Spitzenplatz

KINDERBETREUUNG Sozialbehörde will Zahl der Krippenplätze durch schlechteren Betreuungs-Schlüssel erhöhen. Evangelischer Kita-Verband droht mit Boykott

„Das Sozialressort kann den Plan ohne uns nicht durchsetzen.“

Carsten Schlepper, Leiter des Verbands evangelischer Kitas

Die Bremer Sozialbehörde will die Anzahl an Krippen- und Kitaplätzen erhöhen. Planungen zufolge sollen künftig auf zwei Fachkräfte bis zu zehn Kinder kommen, statt wie bisher acht.

Hintergrund ist der für 2013 geplante deutschlandweite Rechtsanspruch auf diese Plätze. Die Aufstockungen würden allerdings nur dort vorgenommen, wo die räumlichen Mittel zur Verfügung stehen, so die Sprecherin des Sozialressorts, Petra Kodré.

„Bremen war bisher Spitze im bundesweiten Vergleich was das Verhältnis von Kindern zu BetreuerInnen angeht.“ Auch nach der Aufstockung läge Bremen noch im oberen Mittelfeld. „Wir halten die Aufstockung für notwendig, und vertretbar.“

Anderer Meinung ist Carsten Schlepper, Leiter des Landesverbandes evangelischer Kitas. Er macht die Bremer Finanznot für das Vorhaben verantwortlich und befürchtet einen Qualitätsverlust in der Förderung von Unter-Dreijährigen. Es müsse eine Beziehung zwischen Kind und BetreuerIn aufgebaut werden. Dies sei ein langsamer und aufwendiger Prozess, der den Kindern helfen solle, sich abzunabeln und auf neue Bezugspersonen einzustellen. „Wir sind bereit, auf Kompromisse einzugehen, aber nur zu bis zu einem gewissen Grad.“ Ein Verhältnis von zwei zu acht sei bereits mit großem Aufwand verbunden. „Ein oder zwei Kinder mehr pro Gruppe werden wir nur aufnehmen, wenn auch das Personal entsprechend aufgestockt wird.“

Er führt die Lage in Oldenburg als Beispiel an. Obwohl in niedersächsischen Krippen sonst ein Verhältnis von zwei zu zwölf üblich ist, hat sich die Stadt dazu entschieden ein Verhältnis von drei zu zwölf zu finanzieren. Nach einem Treffen mit Sozial-Staatsrat Joachim Schuster am gestrigen Nachmittag ist Schlepper zuversichtlich. „Das Sozialressort kann den Plan ohne uns gar nicht durchsetzen. Wir sind Bremens größter freier Träger für Kindertageseinrichtungen. Sie müssen auf uns eingehen und scheinen dazu auch bereit zu sein.“ EVO

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen