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Kunst und Öko in der ägyptischen Wüste

ÄGYPTEN Die Oase El Fayoum geht mit Malkursen und Urlaub auf dem Bauernhof neue Wege im Tourismus

Infos zu El Fayum

Fayoum-Kunstzentrum: Die Website von Mohamed Abla (www.ablamuseum.com) bietet einen Überblick über die Geschichte des Karikaturenmuseums, Informationen zur Biografie und den Werken seines Gründers sowie aktuell angebotene Kurse und Kontaktdaten. Für die diesjährige Winterakademie ist die Anmeldefrist bereits abgelaufen, aber weitere Workshops finden im Laufe des Jahres statt.

Fair Trade: Über fair gehandelte Produkte, die Werkstätten und deren MitarbeiterInnen in El Fayoum und anderen Orten in Ägypten informiert www.fairtradeegypt.org. Hier wird man über die Prinzipien der NGO unterrichtet. Die deutsche Partnerorganisation Feluka hat die Website www.feluka.de.

Umwelt-NGO: Die Fayoum Agro Organic Development Association hat seit Kurzem auch eine englische Website (www.faoda.org). Dort werden Projekte und ihre Geldgeber im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit vorgestellt. Darüber hinaus gibt es Informationen über Ausbildungsprogramme, Dienstleistungen und Veröffentlichungen. (b.s.)

VON BEATE SEEL

Kühl sind die Morgendämmerungen, hoch die Bäume, zahlreich die Früchte, selten ist der Regen“, schrieb der ehemalige Gouverneur der ägyptischen Oase El Fayoum, Abu Uthman El Nablousi. „Und sparsam sind die Farben“, möchte man hinzufügen, wenn man vom Dach eines Hauses in dem Dorf Tunis das Panorama in Pastell auf sich wirken lässt: das helle Ocker der meist zweistöckigen Gebäude, das staubige Oliv der Palmen, das frische Grün der Felder zum Karunsee hin, dessen zartes Blau das des Himmels widerspiegelt. Am Horizont nehmen die im Dunst liegenden Berge der Wüste den Ton der Häuser und staubigen Wege wieder auf. Wie ein schwarzes Band schlängelt sich die asphaltierte Durchgangsstraße durch die Szenerie. Esel, Ziegen, Schafe, Kühe und Wasserbüffel stehen auf den Weiden, Ibisse picken im Rasen der Gärten, die von Hibiskus, Jasmin und Wandelröschen begrenzt werden. In der Ferne steht eine besonders hohe, sehr gerade gewachsene Palme. In ihrem Stamm versteckt sich ein Handymast. Von solchen Neuerungen abgesehen, ist El Nablousis Beschreibung von vor rund 750 Jahren durchaus noch zutreffend.

Genau genommen ist El Fayoum mit seinen gut zwei Millionen Einwohnern, etwa 100 Kilometer südwestlich der Hauptstadt gelegen, eine Halboase. Ihr Wasser speist sich nicht aus Quellen, sondern aus dem Nil: ein Kanal verbindet diesen mit dem Karunsee. El Fayoum war schon ein beliebtes Feriendomizil der Pharaonen – und ist es heute wieder für Wohlhabende aus Kairo oder Europa.

Das Dorf Tunis ist derzeit in Mode und wird als Künstlerort gehandelt. Hier steht das einzige Karikaturenmuseum der arabischen Welt – eine ägyptische Antwort auf den Streit über die Mohammedkarikaturen im Jahr 2005. Ein Jahr später gründete Mohammed Abla das Fayoum-Kunstzentrum, in dessen Ausstellungsräumen über 200 Zeichnungen von etwa 50 Künstlern hängen. „Propheten greifen wir nicht an, sie sind nicht mehr da und können sich nicht wehren“, sagt Abla im Gespräch. Doch zahm sind die Karikaturen in seinem Museum nicht. Sie attackieren die arabische Politik und die eigene Regierung.

Das Fayoum-Kunstzentrum ist eine gepflegte Anlage von Lehmhäusern. Hier finden auch Workshops und eine alljährliche Winterakademie statt. Interessierte aus aller Welt können an Kursen in Malerei, Druck, Karikatur, Performance und Installation oder Bildhauerei teilnehmen. Die Teilnehmer haben während ihres Aufenthalts Gelegenheit, El Fayoum und Kairo zu erkunden oder Vorträge bekannter internationaler Künstler zu besuchen.

Tunis ist auch bekannt für seine Keramik. In dem kleinen Ort gibt es gleich zwei Werkstätten, die ihre Arbeit über Fair Trade Egypt in Kairo bis nach Deutschland vertreiben.

Eine wird von Rawya Abd El Kader geleitet. Den Ausstellungs-und Verkaufsraum der 34-Jährigen mit dem eng anliegenden braunen Kopftuch und dem langen, orangefarbenen Kleid betritt man über eine schmale, grün berankte Veranda. In den Regalen stehen Teller, Schüsseln und Schalen, Becher und Krüge mit Motiven aus der Flora und Fauna der Umgebung in kräftigen Erdfarben oder Türkis. Die nach traditioneller Art hergestellten Gebrauchswaren sind alle Unikate.

Mohammed El Madany vom Provinzrat El Fayoums ist zuständig für die Koordination solcher Initiativen sowie für die Verbindung von Produzenten und Vertrieb. Der 53-Jährige ist Agronom und gleichzeitig Geschäftsführer der Umwelt-NGO Fayoum Agro Organic Development Association. Daher hat er noch ganz andere Pläne für die Oase. Er möchte den Ökotourismus entwickeln, den biologischen Anbau fördern und träumt von dem, was in Deutschland „Urlaub auf dem Bauernhof“ heißt.

Der engagierte Landwirtschaftsexperte überschlägt sich fast vor Optimismus. „Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen, zum Beispiel bei der Umstellung von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft“, sagt er. Bislang hätten 250 Betriebe ihr Interesse angemeldet – ein positives Signal. Demnächst soll mit der Ausbildung zum Biobauern begonnen und die Verarbeitung lokaler Produkte wie Palmwedel zu Taschen, Körben und Accessoires verstärkt werden.

Ein Projekt, das bereits weit gediehen ist, ist der El-Masry-Park. Hier wird auf dem Besitz von Omar El Masry und seines Bruders auf einer Fläche von etwa drei Hektar bereits ökologischer Anbau betrieben. Seit 2004 ist die Anlage als Biohof registriert. Am Eingang laden mit Matten belegte Steinbänke unter Mangobäumen zum Entspannen und Plaudern ein. Hier werden Orangen, Mandarinen, Weintrauben, Gemüse sowie Kräuter angebaut, die auf dem lokalen Markt vertrieben werden. Hinter den Wirtschaftsgebäuden grasen Wasserbüffel und Kühe. Schafe, Ziegen, Hühner und Enten gibt es auch. Und nun will El Masry Gästezimmer einrichten.

„Die Leute aus Kairo wollen hier dem Stress und der Aggressivität entkommen, Grün sehen und sich entspannen“, umreißt Agronom El Madany seine Vorstellungen. El Masry ergänzt: „Die Gäste können auf dem Hof mithelfen, wenn sie das möchten.“ Auch biologische Ernährung und Slow Food sind für die beiden keine Fremdworte. Doch die Mühlen der ägyptischen Verwaltung mahlen, wenn überhaupt, nur sehr schwerfällig. Das sieht auch El Madany: „Die Regierung ist das eine, die Bevölkerung das andere.“ Daher setzt er auf Privatbesitz, Familienbetriebe, Eigeninitiative und Fortbildung.

Große Pläne verfolgt nicht nur El Madany. An der nördlichen Küste des Karunsees soll ein Touristenzentrum mit Unterkünften für 18.000 Personen errichtet werden, das zahlreiche neue Arbeitsplätze bieten wird. Nach umweltverträglichem Tourismus und Slow Food klingt das nicht. So wird sich wohl das Panorama von El Fayoum ändern. Statt der staubigen Wege werden sich Asphaltschlangen durch das Grün ziehen, Hotelkomplexe werden aus dem Boden wachsen und die Preise für Unterkunft und Verpflegung steigen. An den Kunst- und Ökoprojekten, auf die El Madany setzt, wird das am wenigsten liegen.

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