KURZKRITIK: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER CARIN GRUDDA: Tonnenschwere Leichtigkeit
Mit manchen Referenzen sollte man nicht hausieren gehen. Dazu gehört die Einladung in den italienischen Pavillon bei der 54. Biennale di Venezia, die Carin Grudda erhalten hat, wie ihr Mann stolz beim Ausstellungsrundgang in der Villa Ichon erzählt. Klar, normal ist das ein Qualitätssiegel.
Aber Kurator war 2011 das Berlusconi-Geschöpf Vittorio Sgarbi, und für die Schau im Arsenale hatte der 200 Mitbürger aufgefordert, ihren Lieblingskünstler auszuwählen. Und so waren denn von der Porno-Aktrice bis zu Nachbars Nino, der so fein malt, fast alle dabei, und eben auch Carin Grudda, die, bei Kassel geboren, in Ligurien lebt und arbeitet. Und eben nicht in jene antimoderne Kitsch-und-Krempel-Galerie gehört hätte, obschon das in der Villa gezeigte Fries „Wilde Schafsjagd“ (2005) in seiner allzu plakativen Lesbarkeit daran denken lässt: 17 der 18 großformatigen Kaltnadelradierungen von Fantasie-Schafen sind schwarz-weiß, eine rot-weiß gedruckt, na, wenn das mal keine Moral ergibt.
Gruddas anarchisch ausgelassene Freude an bewusst kindlichen Formen kann aber noch den dicksten Zeigefinger überspielen. Und in ihren monumentalen blauen Katzen-Bronzen – Titel: Blau-Miau – erzeugt sie einen so frappierenden Eindruck von Leichtigkeit, dass Bremens Stadtamt erst ein Extra-Statik-Gutachten brauchte, um zu erlauben, dass die tonnenschweren Vierbeiner zwischen Stadtbücherei und Marcks-Haus gezeigt würden. Dort stehen sie jetzt, als der Abglanz einer fröhlichen Utopie, als ein Lächeln im Alltag – das jederzeit ein Windstoß wegwehen könnte.
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