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Der Bonbonmacher

Uwe Sponnagel produziert täglich mehrere tausend Bonbons in seiner Manufaktur in Hamburg-Ottensen. Seine Kunden können ihm dabei zusehen. Und die besten Bonbons gleich probieren

von LISA THORMÄHLEN

Salbeibonbons findet Uwe Sponnagel langweilig. „Die erinnern immer so an Apotheke“. Weil seine Kunden im Herbst über Halsschmerzen klagten, produziert er trotzdem welche. Allerdings verfeinert mit Thymian und Lemongrass. „Ich habe einen Gewürzhändler gefragt, was gut zu Salbei passt. Der hat mir den Tipp gegeben“, sagt er.

Uwe Sponnagel betreibt Hamburgs einzige Bonbonmanufaktur. Vor einem Jahr hat er gemeinsam mit seiner Frau Andrea Bock den „Bonscheladen“ im Hamburger Stadtteil Ottensen eröffnet. „Wir sind immer noch am Anfang“, sagt Sponnagel.

Vom rohen Zucker bis zum fertigen Bonbon dauert es eine Dreiviertelstunde. Die Kunden können die Herstellung mitverfolgen. Produktion und Verkauf finden im selben Raum statt, von den Zuschauern nur durch einen Tresen getrennt.

In einem Kupferkessel kocht Sponnagel Zucker und Glukosesirup mit Wasser. Wenn die Bonbonrohmasse heiß genug ist, gießt er sie auf einen Kühltisch und fügt Aromen hinzu. Gemeinsam mit einem Angestellten knetet er die blasige Masse wie einen Kuchenteig.

Die eigene Bonbonmanufaktur schlug Andrea Bock ihrem Mann im Urlaub auf Bornholm vor. Auf der dänischen Insel gibt es seit Jahren ein Geschäft mit selbst gemachten Bonbons. „Ich war sofort begeistert. In das Projekt konnte ich mich richtig hineindenken“, sagt Uwe Sponnagel. Sein erstes Bonbon-Rezept lud er sich aus dem Internet. Er bestellte Aromen für die erste Produktion – noch in der eigenen Küche. „In Deutschland macht das niemand, aber in Dänemark ist das sehr verbreitet. Da kriegt man auch kleine Mengen Aromastoffe.“

Uwe Sponnagel bestellte einen Kühltisch für die Rohmasse. Wieder übers Internet, diesmal aus Indien. Gar nicht so einfach, den zu kriegen. Aber in Deutschland gibt es keine Kühltische für Bonbonmanufakturen. „In Entwicklungsländern wird sehr viel in Manufakturen produziert, deshalb gibt es da auch die Ausstattung.“

Mit Lebensmitteln hatte Uwe Sponnagel bis vor einem Jahr nichts zu tun. 25 Jahre lang arbeitete er als Sozialpädagoge, zuletzt als Projektmanager. Er hatte befristete Verträge, hangelte sich von einem Auftrag zum nächsten. „In dem Bereich wird soviel eingespart, dass viele sinnvolle Projekte gar nicht mehr realisierbar sind“, sagt er. Sponnagel machte sich auf die Suche nach einer neuen Aufgabe. Am liebsten wollte er gemeinsam mit seiner Frau etwas aufbauen. „Projektentwicklung ist ja immer mein Handwerk gewesen. Und in den Bonscheladen konnte ich mich sofort hineindenken.“

Angefangen haben die beiden mit 15 Bonbonsorten. Inzwischen sind es über 60. Auch englischen Fudge und gebrannte Mandeln haben sie ins Programm genommen. Uwe Sponnagel hat hohe Ansprüche an sich selbst: „Ich will die besten Bonbons machen.“ Bei fast allen Produkten verwendet er Zutaten aus biologischem Anbau. „Das ist für uns einfach selbstverständlich. Und wenn die besten Zutaten teurer sind, müssen wir eben mehr bezahlen.“

Uwe Sponnagel, Halbglatze, unauffällige Brille, ist ein ruhiger Typ. Das Zusammenspiel mit Felix, seinem Angestellten, ist schnell und routiniert. Das muss es auch sein, denn die Bonbonmasse wird innerhalb einer halben Stunde hart. Sie tragen Schutzhandschuhe, denn auch auf dem Kühltisch hat die Masse noch eine Temperatur von 70 Grad.

Sponnagel formt einen Riesenbonbon. Neun Kilo wiegt der. Rund 4500 Bonbons, Lollis und Zuckerstangen werden daraus. Dazu zieht Sponnagel den Riesenbonbon zu einem dünnen Strang. Mit einer Schneiderschere schneidet sein Gehilfe den in lange Stangen. Die kommen zum Härten unter einen Ventilator. Mit einem Küchenmesser schlägt Uwe Sponnagel sie zu kleinen Bonbons. „Die letzten 400 sind die Hölle“, sagt er und grinst.

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