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Ein letztes Mal: StudentInnen gegen das Bezahlstudium

Studierende geben den Kampf gegen Studiengebühren noch nicht auf. Sie bunkern die Unigebühren und halten einen alten Völkerrechtsartikel hoch – um Massen zu mobilisieren

„Die Universitäten können es sich gar nicht leisten, einen Großteil ihrer Studierenden zu exmatrikulieren“

Das Aufstellen der Weihnachtsbäume war bisher immer das Rückzugssignal. Dann packte noch jede Studentenbewegung seit Rudi Dutschke die Parolen ein. Nicht so die KommilitonInnen der Universität Heidelberg. „Boykott der Studiengebühren jetzt auch in Heidelberg“, gaben sie am Freitag durch – und versprachen, tapfer durchzuhalten. Bis zu ein Drittel der Heidelberger Studierenden wollen sie animieren, ihre Studiengebühren nicht an das Land, sondern auf ein Treuhandkonto zu überweisen. „Dem politischen Druck einer solchen Aktion kann nicht ausgewichen werden“, sagte der Antigebührenaktivist Christian Axtmann der taz.

Ab 2007 werden schrittweise in mehreren Bundesländern Gebühren von 500 Euro eingeführt. Die neue Taktik dagegen heißt Verweigerung. Die OrganisatorInnen rufen ihre KommilitonInnen zu einem Massenboykott auf. Bundesweit will man ein Quorum von 400.000 GebührenboykotteurInnen erreichen. „Die Unis können es sich nicht leisten, einen Großteil ihrer Studierenden zu exmatrikulieren“, meint Axtmann. Und auch Konstantin Bender vom bundesweiten „freien zusammenschluss von studentInnenschaften“ (fzs) hat Hoffnung: „Da werden sich nicht nur linke Spinner, sondern viel breitere Kreise beteiligen.“ Eine Vorzeigeuni wie Heidelberg auf ihre Seite gebracht zu haben, das ist neuer Ansporn.

Gelingt der Massenboykott nicht, werden die Gebühren an die Hochschulen weitergeleitet. Allerdings gibt auch die andere Seite nicht nach. Die Ministerien machen Druck. „Die Protestfront wird sich in Grenzen halten, deshalb ist das für uns kein Thema“, sagte ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums Baden-Württemberg der taz. Wer die Zahlung verweigere, werde seinen Studienplatz verlieren, droht Minister Peter Frankenberg. Die meisten täten daher gut daran, „Sinn und Zweck der Gebühren“ zu „erkennen“.

Aber selbst wenn der Boykott in die Hose geht, meinen die Studis noch einen zweiten Trumpf im Ärmel zu haben: das Völkerrecht. Mit dessen Unterzeichnung im Jahre 1968 hat sich die Bundesrepublik den völkerrechtlichen Inhalten des UN-Sozialpakts verschrieben. In diesem findet sich der Artikel 13, der einen freien Hochschulzugang insbesondere durch die „allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit“ fordert. Der Protest würde sich damit in Justizias Hände begeben. Eine Beschwerde vor dem UN-Ausschuss für wirtschaftliche, kulturelle und soziale Rechte soll nun ein kostenfreies Studium ermöglichen.

„Das ist eine neue Form des Widerstands“, sagt fzs-Vorstand Bender. Das Verfassungsgericht habe die Bundesländer auf die Bedeutung des Vertrags für die Studiengebühren hingewiesen. „Doch der Pakt wurde nicht berücksichtigt“, so Bender. Ein Rechtsgutachten soll Anfang 2007 internationalen Druck bewirken. Die Gebührengegner hoffen auf eine Rüge der UN. „Dann steht die Bundesrepublik ziemlich dumm da“, sagt Wilhelm Achelpöhler, Münsteraner Rechtsanwalt und Verfasser des Gutachtens. Zudem wird die UN mit einem Bericht auf das Problem aufmerksam machen.

Die Beschwerde soll anderen Ländern im Kampf gegen Studiengebühren ein Beispiel sein. Ist sie erfolgreich, hätten Studierende vor deutschen Verwaltungsgerichten künftig das Völkerrecht im Rücken. „Das ist eine Argumentationshilfe völlig neuer Qualität“, sagt Bender. Für die Gebührengegner ist die Aussage des Sozialpakts eindeutig: „Unentgeltlichkeit heißt keine finanzielle Belastung für die Hochschulbildung“, so Achelpöhler.

Artikel 13 wird aber auch anders interpretiert. Manche Juristen sehen im Sozialpakt kein grundsätzliches Verbot von Gebühren – solange sie sozial verträglich sind und neue Studienplätze schaffen. Davon ist das baden-württembergische Wissenschaftsministerium überzeugt.

„Der Zugang zu den Unis wird stark eingeschränkt“, findet hingegen Konstantin Bender. Mag der öffentliche Widerstand auch eingeschlafen sein – er erhofft sich von der „juristischen Keule“ und den Boykotten eine Wiederauferstehung der studentischen Widerstands: „Der Protest gegen Studiengebühren ist nicht tot – er wartet nur auf den Frühling.“

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