: Entscheidung ohne Urteil
MEDIATION Die Bundesregierung hat ein Entwurf für ein Mediationsgesetz eingebracht. Es soll die Gerichte entlasten. Hamburger Mediatoren haben Änderungsvorschläge
Im deutschen Recht steht der Begriff „Mediation“ für die Suche nach einer außergerichtlichen Konfliktlösung.
■ Die Streitenden suchen unter Leitung eines Mediators nach einer Lösung, die von allen Beteiligten akzeptiert werden kann.
■ Der Mediator ist externer, unabhängiger und neutraler Dritter. Er hat keine Entscheidungskompetenz und macht keine direkten Lösungsvorschläge.
■ Nicht gezwungen werden können die Streitenden, an einer Mediation teilzunehmen.
■ Im besten Fall steht am Ende eine verbindliche Einigung, sonst kommt der Streit vors Gericht.
VON DANIEL KUMMETZ
Scheidungen, Streit ums Erbe und Zwiste zwischen Nachbarn: Es sind höchst persönliche, hochkomplexe, emotionale Konflikte, die vor Gericht landen – und mit einem Urteil nicht unbedingt gelöst werden. Oft werden nur praktische Regelungen angeordnet.
Die Bundesregierung plant nun ein neues Gesetz, das Mediation gesetzliche Grundlagen geben soll, einer Methode, die Lösungen im gegenseitigen Einverständnis anstrebt – nicht nur im Zivilrecht. Wenn mehr Konflikte durch Mediation gelöst werden, würde das komplizierte und teure Prozesse sparen, so das Kalkül. Das Kabinett hat Mitte Januar einen Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) beschlossen.
Bei der Mediation suchen die Streitenden unter der Leitung eines unabhängigen Dritten nach einer Lösung. Nach Angaben des Ministeriums gab es Mediationen aber bislang nur in Modellversuchen in einigen Bundesländern.
Mediation ist künftig an Zivil-,Arbeits-, Familien, Sozial- und Verwaltungsgerichten möglich. Mit dem neuen Gesetz will die Bundesregierung auch Vorgaben aus einer entsprechenden EU-Richtlinie umsetzen. Das neue Gesetz beschreibt unterschiedliche Formen der Mediation: Sie kann unabhängig von einem Gerichtsverfahren, im Verlauf eines Prozesses oder sogar mit einem Richter als Mediator ablaufen. Bei einem Scheitern der Mediation darf derselbe Richter dann aber nicht selbst in der Sache entscheiden. Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass Mediatoren zur Verschwiegenheit verpflichtet werden – und gleichzeitig ein Zeugnisverweigerungsrecht erhalten.
„Das Gute an diesem Gesetz ist vor allem, dass das Verfahren dadurch weiter bekannt wird“, sagt Tillman Metzger von der Regionalgruppe Hamburg des Bundesverbandes Mediation. Er vermisst klare Standards, wer Mediator werden darf. „Bis jetzt darf sich jeder so nennen.“ Allerdings rechnet er mit Änderungen – schließlich muss das Gesetz noch durch den Bundestag.
Andrea Hierl vom Hamburgischen Anwaltsverein ist selbst auch Mediatorin und hätte sich gewünscht, dass „die außergerichtliche Mediation mehr in den Vordergrund gerückt wird“. Die stehe in Konkurrenz zu einer Mediation bei Gericht durch einen Richter. Die werde am Ende vom Steuerzahler finanziert – im Gegensatz zu außergerichtlichen Verfahren. (mit dpa)
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