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Das richtige Gedenken

Bei Bauarbeiten ist in Wandsbek ein Gedenkstein für die Unterstützer der „Weißen Rose“ entfernt worden. Nun streitet eine Bürgerinitiative für einen würdigen Umgang mit der Erinnerung

von FRIEDERIKE GRÄFF und CLAUDIA-JANET KALLER

Es ist ein schlichtes Mahnmal: Ein flacher Stein mit einer Inschrift, die an die Hamburger und Hamburgerinnen erinnert, die mit der Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“ in Verbindung standen. 1977 hat es der damalige Bezirksamtsleiter von Wandsbek, Achim-Helge von Beust, aufstellen und den Platz nach der Weißen Rose benennen lassen. Im Herbst 2006 wurde der Stein bei Umbauarbeiten entfernt und soll im Januar kommenden Jahres in der Nähe wieder aufgestellt werden. Für die Mieter des Grundstücks, die Firma Hansebäcker Junge, „kommt das dem Denkmal zugute“. Für die Kritiker ist der Umgang mit dem Stein dagegen ein Akt der Respektlosigkeit. „Man schiebt es von A nach B und das auf unterster politischer Ebene“, sagt Siegfried Stockhecke, Mitbegründer der Bürgerinitiative „Aktion Weiße Rose“.

So klar die Positionen heute sind, so verwickelt ist die Vorgeschichte: 1977, als das Denkmal aufgestellt wurde, geschah dies auf dem Privatgrundstück der Familie Jänisch, die dies ausdrücklich billigte. Später ging das Grundstück in den Besitz der Familie Looß über, die es an die Bäckerei Hansebäcker Junge vermietete. 2006 wurde die benachbarte Einkaufspassage umgebaut. Während der Bauarbeiten blieb der Gedenkstein zunächst ungeschützt. Siegfried Stockhage zufolge wurden Materialien daran gelagert und Bauarbeiter sollen darauf nicht nur gesessen sondern auch dagegen uriniert haben. Der Wandsbeker GAL-Vorsitzende Olaf Duge wandte sich daraufhin an die damalige Ortsamtsleiterin, die ihm zusicherte, den Stein an anderer Stelle zu lagern und ihn nach den Bauarbeiten an gleichem oder nahem Ort aufzustellen. Im Dezember forderte die Stadtteilkonferenz parteiübergreifend, das Denkmal bis zum 27.1. wieder aufzustellen.

Im Bezirksamt – dessen Leiter Gerhard Fuchs zuletzt durch die Aufstellung eines Denkmals für den Sklavenhändler Schimmelmann in die Kritik geriet – sind die Auskünfte dazu eher sparsam. „Wir werden das Denkmal am 27. 1. wieder aufstellen“, so die Sprecherin Sonja Feßel. An welcher Stelle das sein wird, kann sie jedoch nicht sagen. Der Sprecher der Firma Hansebäcker und Junge, die auf dem Grünstreifen, wo das Denkmal stand, einen Kaffeegarten einrichten wollen, sagt dagegen, dass man es „zehn bis 15 Meter näher an die Straße“ stellen wolle. Für den „Aktionskreis Weiße Rose“ geht es weniger um die Meterzahl. Am 12. Januar will man sich mit Kerzen auf dem Platz treffen, um Siegfried Stockhage zufolge für einen „würdigen Umgang mit solchen Gedenkstätten“ einzutreten.

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