piwik no script img

ERICH RATHFELDER ZU DEN AUSEINANDERSETZUNGEN IM KOSOVOSerben sind scheinheilig

Eigentlich war im Kosovo alles auf die richtige Schiene gesetzt. Viele Serben hatten an den Parlamentswahlen teilgenommen, die Lage schien beruhigt. EU, Belgrad und Prishtina waren zufrieden. Doch jetzt kam es wieder zu einer Straßenschlacht.

Nach Tagen des freien Verkehrs zwischen den Stadtteilen in der nordkosovarischen Stadt Mitrovica haben Serben am Wochenende die Brücke über den Ibar erneut blockiert und so getan, als habe man einen „Friedenspark“ errichtet. Über so viel Chuzpe könnte man eigentlich lachen, wenn diese Provokation nicht von Erfolg gekrönt worden wäre: Erregte Albaner lieferten sich eine Straßenschlacht mit der Kosovopolizei.

Der Vorfall wird wohl keine ernsthaften Konsequenzen haben. Über kurz oder lang werden die Barrikaden wieder abgebaut werden müssen. Immerhin hat Belgrad den Brüsseler Vertrag unterschrieben, in dem unter vielen anderen Punkten Bewegungsfreiheit vereinbart ist. Doch für die Atmosphäre in Mitrovica ist diese Provokation ein herber Rückschlag. Immerhin leben auch wieder Albaner im Nordteil der Stadt, und Serben konnten sich im Süden bewegen. Fortschritte in Bezug auf die Rückgabe serbischen Eigentums im Südteil waren zu erwarten. Nicht zuletzt entwickelten sich Kontakte zwischen den Zivilgesellschaften beider Seiten.

Für die serbischen Nationalisten führte das alles zu weit. Sie wollen die ethnische Trennung um jeden Preis. Sie wollen den Kosovostaat zerschlagen und die Rückkehr des Landes nach Serbien erzwingen. Das bleibt zwar eine Illusion; doch der Vorgang zeigt, wie zäh serbische Nationalisten ihre Ziele verfolgen. Dabei ist lügen und manipulieren erlaubt, so der kürzlich verstorbene nationalistische Schrifsteller Dobrica Covic: „Wenn es der Nation dient.“

Ausland SEITE 9

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen