piwik no script img

Der Fluch des gelben Kleids

KINO Steven Brills Komödie „Mädelsabend“ schaut seiner Heldin beim Ausrutschen zu

Wer je gelacht hat, weiß, dass es dafür nicht besonders viel Voraussetzungen braucht. In der Regel reicht es, jemanden auf einer Bananenschale ausrutschen zu sehen. Erstaunlicherweise tun sich viele Komödien trotzdem schwer, den intendierten Effekt zu erzeugen. Selbst wenn sie sich so sklavisch an das Grundrezept halten wie „Mädelsabend“, dessen Handlung darin besteht, Elizabeth Banks beim Ausrutschen zuzuschauen. Dass sie dabei die meiste Zeit nichts außer einem hautengen gelben Minikleid und Stöckelschuhen trägt, hilft der Sache jedoch beträchtlich. Was soll man sagen: So ist die menschliche Natur!

Der titelgebende „Mädelsabend“ (eine jener schwindlig machenden Kreationen des deutschen Verleihs) bildet nämlich nur den Auftakt. Die von Banks gespielte Meghan findet sich am Abend eines sehr unglücklich verlaufenen Tages mit zwei Freundinnen in einer Bar wieder. Ihr ist das Übliche passiert: Die ersehnte Beförderung hat eine andere bekommen, ihr Freund hat sie verlassen und gleich das Sofa mitgenommen. Die Freundinnen empfehlen zur Aufheiterung das Bewährte: Alkohol, hoch dosiert, und das Flirten mit Fremden. Um Letzteres in die Wege zu leiten, haben sie ihr das bereits erwähnte gelbe Kleid anempfohlen. Denn sie wussten nicht, was sie tun …

Die eigentliche Handlung des Films nämlich bildet der „Walk of Shame“ (so der Originaltitel), jener Frauen vorbehaltene Heimweg aus der Wohnung eines fremden Mannes nach durchzechter Nacht, der seinen Spitznamen nicht etwa einem gesellschaftlichen Stigma, sondern reinem, hübsch ätzendem Insider-Sarkasmus verdankt. Wäre „Mädelsabend“ ein klügerer Film, so würde er die Fallhöhe zwischen Selbstermächtigung und Selbstbeschämung ausloten, die Frauen nach einem erfolgreichen One-Night-Stand mit dem Gefühlsreflex von Beschädigung zurücklässt. So aber begnügt sich der Film damit, den inneren Reflex in „physical comedy“ zu übersetzen. Meghan also, als sie sich am Morgen aus der Wohnung ihrer Neubekanntschaft schleicht, landet wegen ein paar ungeschickter Handbewegungen ohne Smartphone vor der Haustür. Ab da steht sie unter dem Fluch des gelben Kleides: Egal was sie sagt und tut, sie wird für eine Hure gehalten, für eine gemeingefährliche dazu.

Wie gesagt, man könnte sich gut eine doppelbödigere und sogar witzigere Variante vorstellen, aber man kann auch bewundern, wie solch ein grober Film es fertig bringt, die feine Linie zu wahren, innerhalb der der Humor nie gegen das ausrutschende „Mädel“ geht, sondern stets gegen die, die nur die Bananenschale sehen.

BARBARA SCHWEIZERHOF

■ „Mädelsabend“. Regie: Steven Brill. Mit Elizabeth Banks, James Marsden u. a. USA 2014, 95 Min.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen