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portraitZivildienstler für das Bundesheer

Etwas verloren wirkte er noch, der schmächtige Historiker, als er einen Tag nach der Vereidigung der neuen Bundesregierung den ersten Tagesbefehl an das Bundesheer ausgeben musste. Neben den kräftigen Burschen in den schweren Uniformmänteln nahm sich Norbert Darabos aus wie einer, der bei der falschen Veranstaltung gelandet war. In gewissem Sinne war er das auch. Der ehemalige SPÖ-Bundesgeschäftsführer war Wehrdienstverweigerer. Er lehnte aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe ab und leistete Ersatzdienst. Hätte ihm jemand geweissagt, dass er einmal für die Landesverteidigung zuständig sein würde, hätte er das als schlechten Scherz abgetan.

Bundespräsident Heinz Fischer führte vor der Vereidigung ein langes Gespräch mit dem designierten Minister und erklärte dann, alle Bedenken seien ausgeräumt. Demgegenüber lassen die Spitzen der Rechtsparteien FPÖ und BZÖ keine Gelegenheit aus, den Pazifisten abzuqualifizieren.

Wenn Darabos mit seinem neuen Job unglücklich ist, so lässt er das sich nicht anmerken. Tatsächlich bekam er bei der Ressortverteilung in den Koalitionsverhandlungen die wohl undankbarste Aufgabe. Eigentlich war der 42-Jährige für das Innenministerium vorgemerkt, doch die ÖVP wollte sich diesen Schlüsselbereich nicht nehmen lassen.

Die erste und mühsamste Aufgabe des Ministers ist es, eines der wichtigsten Wahlversprechen seines Kanzlers Alfred Gusenbauer einzulösen: den Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag. Der Ankauf der Jagdbomber, von denen 18 zur Luftraumüberwachung bestellt wurden, ist eines der am meisten diskutierten Kapitel der Innenpolitik. Sein Versprechen, die Flieger abzubestellen, dürfte zum Wahlsieg von Gusenbauer beigetragen haben.

Ob die Firma EADS imstande ist, den Vertrag zu erfüllen, und ob es bei der Ausschreibung unerlaubte Einflussnahme gegeben hat, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Bisher sind zwar viele Ungereimtheiten aufgetaucht, aber noch keine Verfehlungen, die einen kostenlosen Ausstieg erlauben würden. Darabos wird also viel Verhandlungsgeschick aufwenden müssen, um seine Aufgabe ohne Gesichtsverlust zu bewältigen.

Dass er zuweilen fast Unmögliches zustande bringt, hat der Burgenland-Kroate wiederholt bewiesen. Er managte die erfolgreichen Wahlkämpfe von Landeshauptmann Hans Nießl im Burgenland und von Heinz Fischer für den Bundespräsidenten. Auch Bundeskanzler Gusenbauer hat seinen Job dem geschickten Wahlstrategen zu verdanken. Zum Lohn hat er Darabos eine noch härtere Aufgabe aufgebürdet. RALF LEONHARD

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