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Sri-lankische Armee rückt im Osten vor

Offensive des Militärs erreicht mit der Eroberung des wochenlang umkämpften Vaharai ihren Höhepunkt. Armee übernimmt Stützpunkte der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE). Zehntausende Zivilisten sind vor den Kämpfen auf der Flucht

AUS BOMBAYBERNARD IMHASLY

Die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Kämpfern der tamilischen Rebellenorganisation LTTE haben am Wochenende einen Wendepunkt erreicht. Am Sonntag marschierte die Armee in den Ort Vaharai an der Ostküste des Landes ein, nachdem sie am Vortag einen weiteren Stützpunkt, Kathiraveli, eingenommen hatte. Die beiden Orte sind, zusammen mit einem halben Dutzend weiterer LTTE-Bastionen an der Ostküste, schon seit Monaten das Ziel von Militäraktionen. Allein am vergangenen Wochenende starben nach Militärangaben mindestens 40 Rebellen.

Seit die Kämpfe im vergangenen Jahr wieder eskaliert sind, kamen mindestens 3.600 Menschen ums Leben. Zehntausende Flüchtlinge sind zunehmend unterversorgt, warnen Hilfsorganisationen. Die Kämpfe um Vaharai haben eine neue Flüchtlingswelle ausgelöst. Die meisten Bewohner der Region um Vaharai fliehen nach Angaben des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen ins 60 Kilometer südlich gelegene Batticaloa. Vereinzelt gebe es jedoch auch Fluchtbewegungen gen Norden in Richtung Muttur und Trincomalee. Die Flüchtlinge werden allerdings von der Armee nur nach scharfen Kontrollen durchgelassen, um die Infiltration von Rebellen zu verhindern.

Die LTTE hat sich in das dicht bewaldete Landesinnere zurückgezogen, wo sie weiter große Landstriche kontrolliert. Am Sonntag verkündete ein Militärsprecher stolz, dass die Armee mit dem Fall von Vaharai zum ersten Mal nach elf Jahren die Kontrolle über die gesamte Länge der Straße Batticaloa–Trincomalee ausübe. Beobachter in Colombo sind sich einig, dass die Militärs damit ihr Ziel erreicht haben, die LTTE aus allen Stützpunkten im Osten zu vertreiben. Militärchef Sarath Fonseka, den die Tamil-Rebellen letztes Jahr mit einem Attentat zu eliminieren versuchten, dürfte sein Augenmerk nun auf den Norden, das Herzland der LTTE, richten.

Die Gewalt eskaliert, während die Regierung in Colombo weiterhin offiziell am Waffenstillstand festhält. Aber es wird zunehmend klarer, dass sie eine Lösung – wenn überhaupt – aus einer Position der militärischen Stärke verfolgen will. Präsident Mahinda Rajapakse hat zwar eine Allparteienkonferenz einberufen und ein Expertengremium gebildet. Doch das empfahl eine föderale Lösung und wurde dafür im Umfeld des Präsidenten scharf verurteilt. Der militärische Erfolgen scheint auch in der singhalesischen Bevölkerung die Meinung zu bestärken, dass die LTTE zuerst eliminiert werden muss, bevor es eine Friedenslösung geben kann.

Zweifellos stützt die Unnachgiebigkeit von LTTE-Chef Vellupillai Prabhakaran solche Vorstellungen. Er war es, der mit seinem Boykottaufruf bei der Präsidentschaftswahl vom November 2005 den Sieg der harten Linie ermöglicht hatte. Er tat dies zweifellos auch in dem Wissen, dass seine Rebellen militärische Erfolge der Armee mit blutigen Selbstmordanschlägen beantworten. In den letzten Wochen hat es – ungeachtet der derzeitigen Hochsaison für Touristen – mehrere solcher Anschläge auf zivile Ziele im Süden des Landes gegeben. Am ersten Januarwochenende hatte der Terror seinen ersten Höhepunkt im neuen Jahr erreicht – bei drei Anschlägen auf Busse in verschiedenen Touristenorten waren über 30 Menschen ums Leben gekommen.

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