: Aktion Sühnezeichen Friedensdienste
Seit 1958 konkretisiert ASF die aktive Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit auf lebendige Art
Sie kamen einfach nicht durch. Zehntausende Menschen blockierten am vergangenen Wochenende zum zweiten Mal erfolgreich den größten Naziaufmarsch Europas in Dresden. Aus dem ganzen Bundesgebiet waren AktivistInnen in die sächsische Landeshauptstadt gekommen, um sich den Nazis entschlossen in den Weg zu stellen und gegen den rechten Geschichtsrevisionismus ein Zeichen zu setzen.
Auch Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF), die zu den ErstunterzeichnerInnen des diesjährigen Blockadeaufrufs in Dresden gehört, hatte einen Bus organisiert. „Es ist uns gelungen, den Rechten einen möglichst breiten Widerstand entgegenzusetzen und das revisionistische Geschichtsbild, das bis in die gesellschaftliche Mitte reicht, in dieser Mobilisierung zum Thema zu machen“, sagte Heike Kleffner, Öffentlichkeitsreferentin des Vereins.
Die aktive Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen ist für ASF Motiv und Verpflichtung für konkretes Handeln in der Gegenwart. Mit seinen internationalen Friedensdiensten sensibilisiert der Verein für die Folgen des Nationalsozialismus und unterstützt zugleich dessen Opfer. Der Verein tritt aktuellen Formen von Antisemitismus, Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung entgegen, denn „die Auswirkungen des NS sind heute noch spürbar“, so Kleffner.
1958 hatte sich Aktion Sühnezeichen gegründet, als Reaktion auf die mangelnde Bereitschaft der deutschen Bevölkerung, in den Nachkriegsjahren Verantwortung für die NS-Verbrechen zu übernehmen. Für ASF-Gründer Lothar Kreyssig war dies aber gerade notwendig, um eine Grundlage für eine Auseinandersetzung mit den NS-Opfern zu schaffen. Der Gründungsaufruf ist deshalb nicht nur ein Anerkenntnis der Schuld für die NS-Verbrechen, er fordert praktische Konsequenzen. So bat Kreyssig „die Völker, die von uns Gewalt erlitten haben, dass sie uns erlauben, mit unseren Händen und mit unseren Mitteln in ihrem Land etwas Gutes zu tun“. Seitdem gehört die Begleitung und Unterstützung von NS-Opfern zu den wichtigsten Aufgaben des Vereins.
Im Verein engagieren sich 600 Mitglieder, 20 von Ihnen im Hauptsitz Berlin-Mitte. Bundesweit sind zwölf Regionalgruppen aktiv, die sich vor Ort gegen Rechtsextremismus organisieren und Gedenkarbeit machen.
Das internationale Freiwilligen-Programm bildet jedoch den Kern der Arbeit des Vereins. Jährlich gehen 180 Freiwillige mit ASF nach Europa, Israel und die USA, um dort NS-Opfern und sozial benachteiligten Menschen zu helfen. Die ASF-Freiwilligen unterstützten bereits behinderte und krebskranke Kinder und Jugendliche in Minsk, begleiteten Überlebende der Schoa in Oslo oder arbeiteten in Projekten der offenen Arbeit mit älteren Menschen in Brüssel. „Für die jungen Frauen und Männer bietet die Arbeit eine gute erste Möglichkeit, einen Einblick in andere soziale Realitäten zu bekommen“, sagte Kleffner.
Neben den langfristigen Freiwilligendiensten organisiert ASF jeden Sommer zwei Dutzend internationale Sommerlager in 15 Ländern, in deren Rahmen zerstörte jüdische Friedhöfe restauriert und Wohnungen ehemaliger NS-ZwangsarbeiterInnen renoviert werden.
Ein weiteres wesentliches Betätigungsfeld ist die Erinnerungsarbeit. ASF-Freiwillige arbeiten in Deutschland unter anderem in den KZ-Gedenkstät- ten Sachsenhausen und Dachau und im Berliner Schwulen Museum. In dem ehemaligen Konzentrationslager Lichtenburg in Prettin in Sachsen-Anhalt unterstützten Freiwillige die Einrichtung einer Ausstellung, die Fotos und Briefe aus der NS-Zeit zeigt. „Durch solche Arbeit wird Geschichte erlebbar“, erläutert Kleffner.
Wer sich bei ASF engagieren will, kann entweder an den Projekten in den Gedenkstätten teilnehmen oder die Kampagnenarbeit unterstützen. Kürzlich rief ASF eine Kampagne gegen die Abschiebung von flüchti- gen Roma ins Leben und setzte sich gegen die sogenannte Extremismuserklärung vom Bundesfamilienministerium ein. Am 25. Februar lädt die Berliner Regionalgruppe in den Grünen Salon, wo die Biografie „Beim Gehen entsteht der Weg“ der Auschwitz-Überlebenden Hanna Mandel vorgestellt wird.
Lukas Dubro
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen