: Betr.: kinotaz nord
A
Angry Monk – Eine Reise durch Tibet Schweiz 2005, R: Luc Schaedler / Originalfassung mit Untertiteln
“Während der Westen den tibetischen Buddhismus gerade wegen seiner passiven Modernitätsverweigerung schätzt, wirft der Dokumentarfilm einen anderen Blick auf Tibet: Er porträtiert den Lama Gendun Choephel, der sich 1934 vom Klosterleben abwandte, um die sich modernisierende Welt zu bereisen. Seine Kritik an einem Buddhismus, der sich von der Welt abschottet und in sinnentleerte Rituale zurückzieht, ist doppelt relevant: historisch als Warnung, dass ein erstarrtes Tibet der rasanten Ideologie Chinas nichts entgegenzusetzen hat, aktuell, weil sie das westliche Bild des Buddhismus als vage ‚Lifestyle-Spiritualität‘ entlarvt. Diese doppelte Sinnspitze spiegelt sich auch in der Form, wenn der Bericht des Mönchs durch die Reisebilder der Gegenwart konterkariert wird. Umso klarer wird, wie drängend Choephels Forderung nach einer selbstbewussten tibetischen Kultur ist, die sich gegen die Unterdrückung durch den Osten, aber auch gegen die Vereinnahmungen des Westen zur Wehr setzen kann.“ (filmdienst) HB
Arthur und die Minimoys Frankreich 2006, R: Luc Besson, D: Mia Farrow, Freddie Highmore
„Luc Besson gelingt mit seinem in einer Kombination aus Realfilm und Computeranimation gedrehten Kinderfilm um die Abenteuer eines Volks von Gartentrollen lediglich ein milde langweilendes Fantasy-Opus mit hässlichen Figuren, die gut und gerne der Ramschecke eines Spielzeugladens entsprungen sein könnten. Warum nur müssen diese Trolle immer spitze Ohren haben? Kann man sich da nicht einmal etwas Neues einfallen lassen? „Fantasy“ kommt doch schließlich von Fantasie und nicht von Drittverwertung längst ausgelutschter Ideen.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Astoria Bremen 1994, R: Rolf Wolle
Der Film erzählt die Geschichte des glorreichen Bremer Nachtlebens im Variete Astoria in der guten Tradition der „oral history“: ein ehemaliges Nummerngirl erinnert sich an den ostfriesischen Lottokönig, die Musiker der Hauscombo erzählen, dass sie ihre ersten Jazzrhythmen auf der Marschtrommel der Hitlerjungen spielten, und der langjährige Orchesterchef beschreibt gerührt einen Auftritt von Zarah Leander. Sie alle erzählen von der schönsten Zeit ihres Lebens, und das Kino ist das ideale Medium, um Zeit erfahrbar zu machen. (hip) HB
B
Babel USA 2006, R: Alejandro González Iñárritu, D: Brad Pitt, Cate Blanchett
„Der mexikanische Regisseur Alejandro Gonzáles Iñárritu stellt die babylonische Sprachverwirrung als metaphorisches Leitmotiv über ein kunstvolles Konstrukt von ineinander verwobenen Geschichten aus verschiedenen Ecken der globalisierten Welt. Ein Film über Liebe und Tod, Weltpolitik und Verteilungskämpfe, der trotz einiger Mängel im Detail große intellektuelle und emotionale Wucht entfaltet.“(tip) H, HB, HH, HL, KI, OL
Bamako Frankreich/USA 2006, R: Abderrahmane Sissako, D: Aïssa Maïga, Maimouna Hélène Diarra
„Im Innenhof eines populären Wohnquartiers im Zentrum der Hauptstadt Malis findet eine fiktive Gerichtsverhandlung über die realen Auswirkungen der neoliberalen Wirtschaftspolitik von Weltbank und Währungsfonds statt. Zur Debatte steht die zunehmende Verarmung der Bevölkerung Afrikas. Dem gewichtigen Sachverhalt begegnet Abderrahmane Sissako mit filmästhetischer Leichtigkeit und einer faszinierenden Montage von afrikanischem Alltag und juristischem Diskurs. Für seinen ebenso politischen wie poetischen Film konnte der im Hof des Geschehens aufgewachsene Regisseur einen veritablen Gerichtspräsidenten sowie namhafte französische und afrikanische Advokaten und Advokatinnen gewinnen. In den Zeugenaussagen spiegelt sich neben Misere das reiche Spektrum afrikanischer Kultur vom Gesang des Griot bis zur eindringlichen Anklage der ehemaligen Kulturministerin Malis, der Schriftstellerin Aminata Traoré.“ (Neue Zürcher Zeitung) HH
Blood Diamond USA 2006, R: Edward Zwick, D: Leonardo DiCaprio, Djimon Hounsou
„Während des Bürgerkriegs in Sierra Leone in den 1990er-Jahren eröffnen diverse Parteien auf der Jagd nach einem riesigen Diamanten einen Nebenkriegsschauplatz. Der packende Abenteuerfilm arrangiert geschickt die Klischees und Stereotypen des Genres und verdichtet sich nicht zuletzt dank seines souverän agierenden Hauptdarstellers zu einem grandiosen Spektakel vor überwältigender Kulisse. Dabei schreckt er in seiner Figurencharakterisierung freilich nicht vor grober Schwarz-Weiß-Zeichnung zurück und unterläuft durch die Auslassung einiger politischer Bezüge seine eigene moralisierende Anklage.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
C
Caché Frankreich/Österreich/Deutschland 2005, R:Michael Haneke, D: Daniel Auteuil, Juliette Binoche / Originalfassung mit Untertiteln
“Ein Pariser Intellektuellen-Paar fühlt sich durch anonyme Videokassetten mit Aufnahmen seiner Wohnung bedroht. Diese Ausgangssituation entwickelt sich zu einem beklemmend dichten Drama, in dem Michael Haneke in gewohnt spröder, sehr konzentrierter Manier das Publikum in die Rolle des Fährtenlesers zwingt, der parallel zu den Figuren, aber auch im kritischen Abstand die sparsam ausgestreuten Hinweise entschlüsseln soll. Spannend daran ist weniger die psychologische Ebene als die überraschend bittere Anklage der intellektuellen Führungsschicht, die sich im Wald der Zeichen und Bedeutungen verloren hat und sich, ohne Zugang zum Körper oder zu den Gefühlen, nicht mehr der Realität stellt.“ (filmdienst) HB
Chanson d’ Amour Frankreich 2006, R: Xavier Giannoli, Gerard Depardieu, Cecile De France
„Xavier Giannolis Film ist die emphatisch liebevolle Studie eines halbseidenen Berufes: Gérard Depardieu brilliert als Ballhaussänger, der in der französischen Provinz sein nostalgisches Publikum mit Schlagern aus deren Jugend umschmeichelt und sich in eine 30 Jahre jüngere Frau (Cécile de France) verliebt.“ (tip) H, HB, HH, HL,OL
Citizen Kane USA 1941, R: Orson Welles, D: Orson Welles, Joseph Cotton
“Wir lieben diesen Film abgöttisch, weil er so vollständig ist - psychologisch, sozial, poetisch, dramatisch, komisch, grotesk. „Kane“ demonstriert zugleich den Willen zur Macht und macht sich darüber lustig: Er ist eine Hymne auf die Jugend und eine Meditation über das Altern, eine Studie der Eitelkeit allen Ehrgeizes und ein Gedicht über der Verfall. Und unter all dem eine Reflexion über die Einsamkeit von außergewöhnlichen Menschen, über Genies oder Monsters, monströse Genies.“ (Francois Truffaut) HH
D
Déjà Vu – Wettlauf gegen die Zeit USA 2006, R: Tony Scott, D: Denzel Washington, Paula Patton
„Visuell polierter Thriller über eine virtuelle Zeitmaschine, mit der sich ein Terroranschlag aufklären und vielleicht sogar verhindern lässt. ‚Déjà Vu‘ zeigt visuell glanzpoliert die Handschrift von Tony Scott und Hitproduzent Jerry Bruckheimer. Das Duo setzt seine langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit auch mit diesem stark besetzten Thriller fort, der neben Action- auch Sci-Fi-Elemente besitzt und das aktuelle Verunsicherungsklima in Amerika mit einem Terrorismusplot spiegelt, der einen futuristischen Ausweg aus der Ohnmacht aufzeigt.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH, KI, OL
Departed: Unter Feinden USA 2006, R: Martin Scorsese, D: Leonardo DiCaprio, Jack Nicholson
Was für ein düsteres Ende! Mit der Unausweichlichkeit einer griechischen Tragödie wird hier eine Geschichte abgeschlossen. Keinem der Protagonisten werden Rettung oder Vergebung gegönnt. Martin Scorsese ist der nihilistischen Essenz der Vorlage „Infernal Affairs“ treu geblieben, ohne dabei den Stil des Actionfilms aus Hongkong zu kopieren. Und in den Dialog lauert immer ein boshafter Witz, der aber nie zynisch wird, weil Scorsese bei aller Virtuosität bei der Inszenierung nie die Charaktere aus den Augen verliert. Darum verirrt sich der Zuschauer nie im labyrinthischen Plot. „Departed“ ist als Genrefilm extrem spannend und unterhaltend, aber er hat auch jenen ästhetischen Mehrwert, der die Klassiker von den nur gute gemachten Filmen unterscheidet. (hip) H, HB, HH, HL, KI, OL
Dreamgirls USA 2006, R: Bill Condon, D: Jamie Foxx, Jennifer Hudson
„Die Verfilmung des 1981 uraufgeführten Broadwaymusicals bleibt der Vorlage treu, hat weniger Tanz, aber mehr musikalisches Gewicht als ‚Chicago‘ zu bieten, auch wenn einige Songs eher der Beschreibung emotionaler Zustände als dem Hörvergnügen verpflichtet sind. Im Film ist es schließlich wie in der Story. Beyoncé ist der größere Blickfang und Namen, aber Jennifer Hudson dank ihrer Stimme der heimliche Star.“ (Blickpunkt:Film) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
E
Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter USA 2006, R: Stefen Fangmeier, D: Ed Speleers, Jeremy Irons
„Mit dem ersten Roman seiner Fantasysaga über die Freundschaft eines Jungen mit einem Drachen landete der damals erst 15-jährige Christopher Paolini einen Bestseller, der im Spannungsfeld zwischen ‚Der Herr der Ringe‘ und ‚Harry Potter‘ angesiedelt ist. Ähnlich ist auch die Filmadaption angelegt, mit der der ehemalige Effekt-Supervisor Stefen Fangmeier (‚Der Sturm‘) sein Regiedebüt gibt. Newcomer Ed Speleers übernimmt die Titelrolle; unterstützt wird er u. a. von Jeremy Irons als Brom und John Malkovich als Galbatorix.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH
F
Flags of Our Fathers USA 2006, R: Clint Eastwood, D: Adam Beach, Jesse Bradford
„Das berühmte Foto Joe Rosenthals, das 1945 drei US-Marines beim Hissen der amerikanischen Flagge nach der Einnahme der japanischen Insel Iwo Jima einfing, dient Regisseur Clint Eastwood als Aufhänger für ein filmisches Psychogramm seines Heimatlandes. Von dem durch Verluste gezeichneten japanischen Kriegsschauplatz heimgekehrt, werden die drei jungen Soldaten zu Helden stilisiert und auf eine Propaganda-Tour durch ein kriegsmüdes Amerika geschickt. Zeitlich verschachtelt werden die Schreckensbilder ihrer traumatischen Erlebnisse und die später erfolgte Neuinterpretation der Geschehnisse einander gegenübergestellt – und somit die historische Wahrheit eines Fotos, das um die Welt ging, hinterfragt.“ (Rheinischer Merkur) H, HB, HH
Flutsch und weg USA 2006, R: Henry Anderson, David Bowers, Sam Fell
Die eingebildete Hausmaus Roddy St. James muss erst durch die Toilette in die Kanalisation gespürt werden, um dort durch die freche Girliemaus Rita zu erkennen, dass es ein Rudeltier ist und nichts in einem einsamen Käfig verloren hat. All das eklige Getier: die Mäuse, Ratten, Fliegen, Frösche, Kröten und Schnecken werden hier zu Helden. In einer parallelen Unterwelt hat sich das Ungeziefer in der Kanalisation eine Miniaturausgabe von London gebaut, in der die Towerbridge, der Piccadilly-Circus und noch viele andere Sehenswürdigkeiten aus Abfall zusammengebastelt wurden. Bei diesem Film begeistert besonders der Witz im Detail: die vielen Anspielungen, die von Filmzitaten aus African Queen und James Bond bis zu Kafka und Marcel Marceau reichen. Die Mischung aus Claymotion und Computeranimation wirkt wie aus einem Guss und die einzelnen Figuren sind so einfallsreich entworfen, dass jedes Tierchen seine unverwechselbare Persönlichkeit hat. Wer kann noch ruhigen Gewissens eine Mausefalle aufstellen, nachdem er diesen Film gesehen hat? (hip)
H, HB, HH, KI, OL
The Fountain USA 2006, R: Darren Aronofsky, D: Hugh Jackman, Rachel Weisz
„‚The Fountain‘ ist ein Jungbrunnen mit umgekehrter Wirkung, denn er lässt seinen Regisseur, Hollywoods Wunderkind Darren Aronofsky (‚Requiem for a Dream‘), recht alt aussehen. Auf drei Zeitebenen erzählt der Film die Liebesgeschichte eines Paars und stürzt das Publikum mit kühnen Sprüngen zwischen dem 16. Jahrhundert, der Gegenwart und der fernen Zukunft in schwere Verwirrung. Bei angestrengtem Grübeln während des psychedelischen Bilderwirbels und der dröhnenden Rundumbeschallung brummt rasch der Schädel. Während die Figuren verzweifelt nach einem Mittel gegen den Tod suchen, wäre mancher Zuschauer schon mit einer Aspirin zufrieden.“ (Der Spiegel) H
Das Fräulein Deutschland/Schweiz 2006 , R: Andrea Staka, D: Mirjana Karanovic, Marija Skaricic
„Drei Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien treffen im Zürcher Industriegebiet aufeinander: Als die lebenshungrige Bosnierin Ana aus dem Nichts in der von Ruza mit strenger Hand geführten Betriebskantine auftaucht, mischt sie die eingeschliffene Existenz der Serbin wie auch der alten Köchin Mila gehörig auf. Andrea Stakas Spielfilmdébut – das in Locarno, Sarajevo und jetzt auch mit dem Zürcher Filmpreis ausgezeichnet worden ist – gelingt es mit beachtenswerter Leichtigkeit, die geheimen Wünsche, Ängste und Sehnsüchte der Frauen in einer kaleidoskopartigen Spiegelung aneinander aufscheinen zu lassen. (Neue Zürcher Zeitung) H
H
Happy Feet Australien/USA 2006, R: George Miller
„Das Animationsmusical ‚Happy Feet‘ erzählt vom jugendlichen Kaiserpinguin Mumble, der sich anders als seine Artgenossen nicht durch Gesang, sondern durch Stepptanz ausdrückt. Während die melodramatische Geschichte vom Außenseiter, der am Ende die Gemeinschaft rettet, letztlich der Konvention verhaftet bleibt, bieten die per Motion-Capture aufgenommenen originellen Choreographien einigen Unterhaltungswert, und auch der Humor kommt in den Szenen mit den fünf frechen Adelie-Pinguinen, die Mumble auf seiner Reise durch die Antarktis beleiten, nicht zu kurz.“ (tip) H, HB, HH, HL, KI, OL
Das hässliche Entlein und ich Dänemark 2006, R: Karsten Kiilerich, Michael Hegner
„Ratte Ratso stolpert über ein Ei, dem ein gerupftes Küken entschlüpft. Ratso tauft es Ugly und will das naive Vieh als Jahrmarktsattraktion ausbeuten. Lieblose Figuren und plumpe Sprüche (‚Klappe dicht!‘) lassen Hans Christian Andersens Märchen über innere Schönheit zum Spektakel für die ‚Check, Digger!‘-Generation verkommen – laut und ohne jeden Charme.“ (Cinema) HB, HH
Himmel und Huhn USA 2005, R: Mark Dindal
“Dass sich mit altmodisch gezeichneten Trickfilmen kein Sechsjähriger mehr beeindrucken lässt, haben mittlerweile sogar die Disney-Studios erkannt. So kommt die Geschichte von Hühnchen Juniors Kampf um seinen guten Ruf und gegen eine Flotte aggressiver Aliens in teuerster 3-D-Computer-Animation daher. Rigoros gespart wurde dagegen an Herz und Humor. Als wäre das nicht schlimm genug, hat man für die deutsche Fassung ausgerechnet Verona Pooth als Stimme der weiblichen Hauptrolle engagiert.“ (Der Spiegel) HB
J
Jagdfieber USA 2006, R: Anthony Stacchi, Roger Allers, Jill Culton
„Der Computeranimationsfilm ‚Jagdfieber‘ erzählt vom zahmen und bequem bei der Rangerin Beth lebenden Grizzlybären Boog, der dank der unseligen Aktivitäten des chaotischen und dauerquasselnden Hirschs Elliot in die Wildnis gerät und sich dort irgendwie zurechtfinden muss. Doch die wirklich gelungenen Gags sind eher rar gesät, und auch die finale Auseinandersetzung der Tiere mit ballerfreudigen Jägern fällt enttäuschend unoriginell aus.“ (tip) HB, HL
K
Der Kick Deutschland 2006, R: Andres Veiel, D: Susanne-Marie Wrage, Markus Lerch
„“Der Kick“ zeichnet die Ermordung des 16-jährigen Marinus Schöberl durch rechtsradikale Jugendliche am 13. Juli 2002 im brandenburgischen Dorf Potzlow nach. Regisseur Andres Veiel bringt das von ihm und Gesine Schmidt nach monatelangen Recherchen geschriebene gleichnamige Theaterstück mit spartanischen Mitteln auf die Leinwand. Zwei Schauspieler, Susanne-Marie Wrage und Markus Lerch, stellen schwarz gewandet in einer leeren Halle fast zwanzig der an den Vorfällen, Ermittlungen und am Prozess beteiligten Personen dar. Der Film gibt beklemmende Einblicke in die trostlose ostdeutsche Provinz und in Menschen, die durch Langweile, Gewalt und Alkohol unfassbar abgestumpft sind.“ (Der Spiegel) HB
Kippenberger - Der Film Deutschland/Österreich 2005, R: Jörg Kobel, D:Diedrich Diederichsen, Christoph Schlingensief
„Porträt des ruhelosen Künstlers, Entertainers und Witze-Erzählers Martin Kippenberger (1953- 1997), der zu einer Art Popstar und Kunstclown aufstieg, durch sein nomadisches Leben mit Alkohol und Drogen jedoch seine Gesundheit ruinierte. Ein anekdotisch aufgefächerter Film, in dem Freunde, Verwandte und Gefährten des Künstlers zu Wort kommen. Da der Film aber eine grundsätzliche Distanz zu seinem Protagonisten spüren lässt, erschließen sich Leben und Charakter Kippenbergers nur bedingt.“ (filmdienst) HH
KZ Großbritannien 2006, R: Rex Bloomstein
„Mittels einer ungewöhnlichen Herangehensweise nähert sich Rex Bloomsteins Dokumentarfilm den Ereignissen, die sich während der Nazi-Diktatur im KZ nahe des oberösterreichischen Städtchens Mauthausen abspielten. Vergangenheitsbewältigung im wortwörtlichen Sinne protokolliert die Kamera, wenn sie „Touristen“ bei der Lagerbesichtigung verfolgt und die Gesichter der Bewohner nach ihren Gefühlen hinsichtlich der vorbelasteten Stadtgeschichte abtastet. Da sich der Film jeglicher Off-Kommentierung verweigert, wirken die oftmals erschreckenden Aufnahmen fehlenden Feingefühls und sich arrangierender Teilnahmslosigkeit dafür umso drastischer.“ (Rheinischer Merkur), H, HB, HH, KI, OL
L
Das Leben der Anderen Deutschland 2005, R: Florian Henckel von Donnersmarck, D: Ulrich Mühe, Sebastian Koch
„Das Leben der Anderen“ ist ein weiterer von den deutschen Filmen in diesem Frühjahr, die von jungen Regisseuren mit einer ganz erstaunlich komplexen und reifen Erzählhaltung inszeniert werden. Florian Henckel von Donnersmarcks Debütfilm handelt von einem Theater-Regisseur, der 1984 in der DDR von der Staatssicherheit beobachtet wird. Doch der heimliche Held des Films ist ausgerechnet der Stasi-Hauptmann, der diese Überwachung leitet und sich langsam in einen Schutzengel für den Künstler verwandelt. Mit großem Ernst und Inspiration inszeniert, hat diese Geschichte nichts von der Ost-Nostalgie anderer Filme über die DDR, stattdessen ist dieses Drama zugleich hochpolitisch und mit Mitgefühl erzählt. (hip) H, HB, HH, KI
Lichter der Vorstadt Finnland 2006, R: Aki Kaurismäki, D: Maria Järvenhelmi, Janne Hyytiäinen
„Schnellstraßen, Rolltreppen, U-Bahnen, Chromstahl und Glas: Dieses Finnland ist neu im nostalgischen Mikrokosmos von Aki Kaurismäki, dem treuen Hagiografen der ewig zu spät und zu kurz Kommenden, denen nichts Geringeres als das Leben selbst übel mitspielt. Doch was neu ist, ist nicht gut. Koistinen, der jüngste der gefühlsscheuen Kaurismäki-Helden, dem die Einsamkeit des Nachtwächters ins Gesicht gegraben ist, dreht seine Wach-Runden unter den Videokameras einer modernistischen Shopping-Mall. Wenn er nach Dienstschluss in seine karge Bude zurückkommt, hat das den befreienden Atem der Heimkehr in ein früheres Jahrhundert. Koistinen ist nicht von heute. Leider gibt es in seiner Welt Bösewichter, eine fleischige Blondine mit Kobrablick, die ihm erst den Kopf verdreht und dann eine Droge in seinen Drink kippt: So nimmt – mit Carlos Gardel und Puccini sentimentalisiert – die Passion ihren Lauf. Kaurismäkis Bilder zitieren klassische Vorbilder und behalten dabei eine eigene Unschuld, Einfalt, Keuschheit: ihr offenbares Geheimnis. Alles wie gehabt und doch bewegend; was er kann, kann sonst niemand mehr.“ (Der Spiegel) HH
Liebe braucht keine Ferien USA 2006, R: Nancy Meyers, D: Cameron Diaz, Kate Winslet
„‚Liebe braucht keine Ferien‘, erkennen die Londoner Journalistin Iris (Kate Winslet) und die Filmproduzentin Amanda (Cameron Diaz) aus L. A., als sie über Weihnachten ihre Häuser tauschen, um im Leben der anderen über gescheiterte Beziehungen hinwegzukommen. Die Regisseurin Nancy Meyers (‚Was Frauen wollen‘) bedient in ihrer überdrehten Komödie jedes Klischee um weibliche Sehnsüchte und lässt dabei ihre Hauptdarsteller Jude Law und Jack Black zu windelweichen, überzuckerten Märchenprinzen verkümmern.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL
Little Miss Sunshine USA 2006, R: Jonathan Dayton, Valerie Faris, D: Abigail Breslin, Greg Kinnear
„Eine schrullige amerikanische Familie, deren Mitglieder mehr oder weniger an unterschiedlichsten Varianten des ‚Amerikanischen Traums‘ gescheitert sind, reist in einem klapprigen VW-Bus quer durch die USA, damit die kleine Tochter an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen kann. Eine wunderbar einfallsreiche Komödie in Form eines subversiven Road Movie, das ein sympathisches Hohelied auf die Familie anstimmt und vor allem auch durch die hervorragenden Darsteller vorzüglich unterhält.“ ( filmdienst) H, HH
M
Die maskierte Bande – Irak (Maskeli Besler – Irak) Türkei 2006, R: Murat Aslan, D: Safak Sezer, Peker Acikalin / Originalfassung mit Untertiteln
„Die maskierte Bande aus Istanbul marschiert in den Irak ein und bringt eine Erdölanlage der Amerikaner in ihre Gewalt. Dies ruft eine Krise zwischen der Türkei und den USA hervor. Fortsetzung des türkischen Comedy-Erfolges.“ (tip) H, HB, HH
Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler Deutschland 2006, R: Dani Levy, D: Helge Schneider, Ulrich Mühe
„Humor ist Geschmackssache. Ich will lieber geschmacklos als humorlos sein. So schaut man sich ‚Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler‘ an und spürt: Humor. Bitteren, sardonischen Humor. In Trümmern, aus Zerstörung, Versagen und Niederlage heraus – regt sich ein pompöser Führer hervor, der seine Pompösität verloren hat. Vielleicht kann Deutschland sich nur heilen, wenn Deutsche wirklich über diesen Mann lachen können, als Verführer statt Führer. Es wird kein feiner Humor sein – aber doch heilsam. Dani Levys Film ist superb. Kulissen, Location, Kamera, Inszenierung, Licht, Ton, die feinen Details – alles wunderbar. Und der Inhalt. Man lacht, und man denkt, und man weint. Weil die wahrste Wahrheit immer scherzhaft und schmerzhaft sein muss.“ (so der Berliner Rabbiner Walter Rothschild in der taz) BHV, H, HB, HH, HL, KI, OL
Moi et mon blanc Burkina Faso 2004, R: S. Pierre Yameogo, D: Serge Bayala, Pierre-Loup Rajot / Originalfassung mit Untertiteln
„Dass sich die europäischen Zuschauer nicht unbeteiligt in ihre Sessel zurücklehnen können, wenn es um Afrika geht, zeigt „Moi et mon blanc“, eine Geschichte, deren humorvolle Aufbereitung die bittere Wirklichkeit eines in Europa illegalisierten Migranten scharf konturiert.“ (taz) H
N
Nach der Hochzeit Dänemark/Schweden 2006, R: Susanne Bier, D: Mads Mikkelsen, Rolf Lassgård
„“Nach der Hochzeit“ von der dänischen Regisseurin Susanne Bier wurde gerade als Oscar-Kandidat für den besten ausländischen Film auserkoren, wobei eine Nominierung für den besten Film überhaupt mindestens genauso angemessen gewesen wäre. Die Geschichte um den gutherzigen Waisenhausleiter und Wahl-Inder Jacob Petersen (Mads Mikkelsen), der in seine Heimat Dänemark gelockt wird, um seine ihm bis dahin unbekannte Tochter zu treffen, ist eines dieser großen, schamlos tränenreichen Melodramen, wie es sie selbst Hollywood heutzutage kaum mehr hinbekommt. So schön, so traurig, dass man sich besser gar nicht erst vornimmt, den Film mit trockenen Augen zu überstehen.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI
Nachts im Museum USA 2006, R: Shawn Levy, D: Ben Stiller, Robin Williams
„Ein Vater will seinen Sohn und seine geschiedene Frau von seiner Beharrlichkeit in Sachen Arbeitsplatz überzeugen. Deshalb nimmt er eine Stelle als Nachtwächter im örtlichen Geschichtsmuseum an, hat bald aber mehr zu tun als ihm lieb ist, da alle Exponate in der Nacht ein turbulentes Eigenleben führen. Nur mäßig unterhaltsame Komödie, die weder den Hauptdarsteller noch die prominent besetzten Nebenrollen fordert, sodass der Reiz der Geschichte schnell verpufft und nur wenige hübsche Gags bleiben.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
O
One Way Deutschland/Kanada 2006 , R: Reto Salimbeni, D: Til Schweiger, Lauren Lee Smith
„Es imponiert, wie Til Schweiger sich mit geradezu kamikazehaftem Ehrgeiz für seine internationale Karriere ins Zeug legt: Er begnügt sich nicht damit, auf tolle Angebote zu warten, sondern produziert sie sich selbst - und das nicht auf Nummer sicher. In seiner jüngsten Produktion „One Way“, einer recht professionellen Nachahmung amerikanischen Genrekinos, präsentiert Schweiger sich in der Rolle eines unwiderstehlichen Kotzbrockens, den kein Skrupel dabei bremst, in einer glamourösen New Yorker Werbefirma ganz nach oben zu kommen. Zu diesem Zweck will er die Tochter des Chefs heiraten und rettet deren Bruder, der ein übler Vergewaltiger ist, durch einen Meineid vor dem Knast. Wenig später aber kommt er – wie zur Strafe – unschuldig als dessen Mörder vor Gericht. Der manchen Grisham-Thrillern nacheifernde Prozess-Plot, den der Schweizer Autor und Regisseur Reto Salimbeni zum Teil an sehr langen Haaren herbeigezogen hat, spitzt sich auf das moralische Dilemma der Selbstjustiz zu.“ (Der Spiegel) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
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Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders Deutschland 2006, R: Tom Tykwer, D: Ben Whishaw, Dustin Hoffman
Tykwer hat das Paris des 18. Jahrhunderts in grandiosen Bildern lebendig werden lassen. Aber die Geschichte, die er erzählt, bleibt düster und brutal. Er hat auch einen verschwenderisch ausgestatteten Kostümfilm inszeniert, in dem 1000 Komparsen sich bei der Hinrichtungsszene die Kleider vom Leib reißen und sich orgiastisch miteinander vergnügen. Nicht nur bei dieser Sequenz, die Tykwer weder prüde noch obszön inszenierte, erweist er sich als ein stilsicherer Filmemacher, der so kreativ ist, dass er auch bei solch einer aufwendigen Literaturverfilmung seine eigene Duftmarke nicht verliert. (hip) H, HL
Paris, je t‘aime Frankreich/Schweiz 2006, R: Joel Coen, Ethan Coen, Tom Tykwer, u.a. , D: Juliette Binoche, Steve Buscemi
„‚Paris, je t’aime‘ heißt ein Bündel von Kurzfilmen, 18 Stück in zwei Kinostunden - lauter Mini-Liebesgeschichten, die in Paris spielen, aber längst nicht alle wirklich etwas mit Paris zu tun haben. Prominente Regisseure aus vielen Weltecken von Japan bis Mexiko, mehrheitlich aber Franzosen und Amerikaner, haben je eine Miniatur zu dem Bukett beigesteuert, und lang ist die Liste der Stars, die kurz mal vorbeischauen, von Gena Rowlands bis Juliette Binoche, von Bob Hoskins bis Elijah Wood. Läppische Bagatellen und ausgefeilte Geschichten folgen einander nach dem Krautund-Rüben-Prinzip, und wie immer bei solchen Potpourris bleibt die Bilanz unbefriedigend: Die Menge der Häppchen macht eher hungrig als satt.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, OL
Prestige – Meister der Magie USA/Großbritannien 2006, R: Christopher Nolan, D: Hugh Jackman, Christian Bale
Mit der Zauberkunst hat Christopher Nolan eine grandiose Metapher für das Filmemachen gefunden. In seiner Geschichte von zwei verfeindeten Illusionisten im späten 19. Jahrhundert führt der Regisseur selber ständig filmische Zauberkunststücke vor, und immer, wenn man glaubt, er lasse sich dabei in die Karten schauen, hat er noch ein Trumpf im Ärmel. Wie alle seine Filme ist auch dieser äußerst kunstvoll konstruiert. Nolan wechselt virtuos zwischen den Zeitebenen und Erzählperspektiven hin und her, aber er kann auch in kleinen Szenen genau auf den Punkt kommen. „Prestige“ ist ein hochintelligenter Unterhaltungsfilm, der ganz nebenbei komplexe und existenzielle Themen berührt. (hip) H, HH
Princesas Spanien 2005, R: Fernando León de Aranoa Candela Peña, Micaela Nevárez
„Eine aus der Dominikanischen Republik stammende Madrider Prostituierte lernt eine Frau aus kleinbürgerlicher Familie kennen, die ihrer Arbeit im Geheimen nachgeht. Beide freunden sich an, und obwohl die Bürgerliche selbst hilfs- und schutzbedürftig ist, schlüpft sie in die Rolle des Schutzengels ihrer Kollegin. Der präzis beobachtende, intensiv inszenierte und überzeugend gespielte Film erzählt mit semidokumentarischen Mitteln vom Straßenstrich in der spanischen Hauptstadt sowie vom täglichen Rassismus. Dabei fragt er nicht nach gesellschaftlichen Wurzeln und setzt gelegentlich zu sehr auf Unterhaltungswert.“ (filmdienst) HH
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Die Queen Großbritannien/Frankreich/Italien 2006, R: Stephen Frears, D: Helen Mirren, Michael Sheen
Wohl jeder weiß noch genau, wo er war und was er tat, als er erfuhr, dass Princess Diana in einem Autounfall starb. Es war einer der entscheidenden Momente der 90er Jahre - und ein Wendepunkt für Großbritannien. Die Briten benahmen sich angesichts der Trauer um Diana anders als gewohnt, und ihre alten Tugenden schienen obsolet geworden zu sein. „That’s the way we do things in this country“, sagt Helen Mirren als Elisabeth II angesichts des Trauerfalls und hält sich reserviert an die Etikette – ohne dabei zu ahnen, wie gefährlich falsch sie damit liegt. Diese vielleicht schwerste Krise des britischen Könighauses der letzten Jahrhunderte, steht im Mittelpunkt des neuen Films von Stephen Frears. Eine immense Neugier scheint ihn und sein Team dazu angestachelt zu haben, hier sehr tief zu bohren und dabei nach Wahrhaftigkeit zu suchen. „The Queen“ besteht zum größten Teil aus intimen, häuslichen Szenen (wobei das Wort „häuslich“ bei den Royals allerdings neu definiert werden muss). Alle Schauspieler fangen meisterlich die Manierismen der jeweiligen Figuren ein, und erreichen so einen hohen Wiedererkennungswert, obwohl sie den Vorbildern nicht einmal besonders ähnlich sehen. (hip) H, HB, HH, HL, KI, OL
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Rache ist sexy USA 2006, R: Betty Thomas, D: Jesse Metcalfe, Brittany Snow
„Pfiffige Teenagerkomödie über drei Mädchen, die sich am Schulschönling rächen wollen, der sie gegeneinander ausgespielt hat und die sich ein raffiniertes ‚Gefährliche Liebschaften‘-Konstrukt zusammenspinnt und dann im Stil von Genreklassikern wie ‚Heathers‘ oder ‚Girls Club‘ mit ebenso viel Humor, Herz und Biss durchexerziert. Betty Thomas, zuletzt mit dem weniger gelungenen ‚I Spy‘ in den deutschen Kinos, läuft zu alter ‚Private Parts‘-Form auf, hält das Tempo hoch und verlässt sich auf die Attraktivität ihrer Hauptdarsteller.“ (Blickpunkt:Film) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Die Rotkäppchen-Verschwörung USA 2005, R: Cory Edwards, Todd Edwards, Tony Leech
„Vor dem Hintergrund des mysteriösen Diebstahls von Süßspeisenrezepten im Märchenwald ermittelt die Polizei auch wegen eines Einbruchs im Haus von Rotkäppchens Großmutter. Sowohl das Mädchen als auch die dort in flagranti erwischten Verdächtigen geben mit ihren Aussagen ein höchst unterschiedliches Bild vom Tathergang, tragen aber zur Enttarnung des Bonbon-Banditen bei. Aberwitzige, auf jugendlichen Zeitgeist getrimmte Trickfilm-Variation des Grimmschen Märchens, die nicht immer stilsicher, aber mitunter sympathisch subversiv unterhält.“ (filmdienst) HB, HH
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Saw III USA, 2006, R: Darren Lynn Bousman, D: Tobin Bell, Shawnee Smith
„Geld stinkt nicht. Warum den schnellen Dollar nicht mitnehmen, wenn ihn der Markt hergibt? Doch auch wenn diese Motive menschlich verständlich sind, so ist ein derartiges Vorgehen im Filmgeschäft nicht immer das cleverste. Mit ‚Saw‘ schufen James Wan und Leigh Whannell aus dem Nichts einen Mythos. Der dreckige, kleine hundsgemeine Genre-Faustschlag eroberte sich eine kolossale Fangemeinde. Doch der Fehler, der schon bei der Fortsetzung ‚Saw 2‘ gemacht wurde, wird mit Sequel Nummer zwei wiederholt. Die Gier, die Kuh im Jahresrhythmus gnadenlos und ohne Rücksicht auf Verluste zu melken (ja Teil 4 und 5 sind bereits angekündigt), schlägt sich negativ auf die Qualität aus. ‚Saw 3‘, wieder unter der Regie des zweitklassigen No Names Darren Lynn Bousman, reduziert sich gänzlich auf die Markenzeichen des Horror-Franchise und lässt dabei jegliche Finesse und Innovation vermissen.“ (filmstarts.de) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Schuhpalast Pinkus Deutschland 1916, R: Ernst Lubitsch, D: Else Kenter, Ernst Lubitsch / Stummfilm mit live gespielterKlavierbegleitung
„Er kannte sich aus in den kleinen Betrieben, Firmen und Geschäften in Berlin zu Anfang des Jahrhunderts. Etliche Komödien widmete er den sogeannten kleinen Leuten, die mit einigem Witz und ohne Geld über die Runden kommen müssen. Die Rede ist von Ernst Lubitsch. 1916 drehte er „Schuhpalast Pinkus“, eine Komödie über den Aufstieg des Lehrlings Pinkus zum mächtigen Inhaber eines Schuhgeschäftes.“ (taz) H
Schweinchen Wilbur und seine Freunde USA 2006, R: Gary Winick, D: Dakota Fanning, Siobhan Fallon
„Charmante Verfilmung eines vor allem im amerikanischen Sprachraum bekannten Kinderbuches von E.B. White. In einer Kombination aus Realfilm und vergleichsweise realistischem Computertrick erzählt der Familienfilm von der Freundschaft zwischen dem Ferkel Wilbur und der Spinne Charlotte, die sich schon etwas Besonderes einfallen lassen muss, um ihren Kumpel vor dem drohenden Schlachtermesser zu retten. Das ist oftmals auf eine nette Weise komisch, manchmal auch gekonnt rührselig und tricktechnisch absolut auf der Höhe der Zeit.“ (tip) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Schwere Jungs Deutschland 2006, R: Marcus H. Rosenmüller, D: Sebastian Bezzel, Michael A. Grimm
„Vier übergewichtige Hobbysportler aus Bayern wollen beweisen, dass sie im Bob zur Weltspitze gehören – und mischen damit eine ganze Olympiade auf. Marcus H. Rosenmüller, der mit „Wer früher stirbt, ist länger tot“ den Überraschungshit des Jahres 2006 ablieferte, gelingt hier ein liebevoller Blick auf Deutschtümelei und sportlichen Ehrgeiz. In seiner schrulligen David-gegen-Goliath-Geschichte siegen die Zwischentöne über den Knalleffekt. Schon das ist ein kleines Kinowunder.“ (Cinema) H, HB, HH
Son osmanli - Der letzte Osmane Türkei 2006, R: Mustafa Sevki Dogan, D: Kenan Imirzalioglu, Cansu Dere
Türkischer Historienfilm über die Besatzung von Istanbul im November 1918.
Streben nach Glück USA 2006, R: Gabriele Muccino, D: Will Smith, Jaden Smith
„‚Das Streben nach Glück‘, festgeschrieben in der amerikanischen Verfassung, beflügelte vor 26 Jahren auch den real existierenden, erfolglosen Vertreter und späteren Finanzier Chris Gardner (Will Smith): Gardner, verschuldet, ohne Job und Ehefrau, dafür aber die Sorge um den fünfjährigen Christopher (Smith-Sprössling Jaden) tragend, schaffte es durch Intelligenz, zähe Arbeit und Fortbildung aus bitterer Obdachlosigkeit bis in höchste Millionärsetagen. Ein perfekter US-Traum vom standhaften Amerikaner, den Regisseur Gabriele Muccino zwischen Hochglanz-Armut und Hochdruck-Einsatz seines ehrgeizigen Superstars leicht ermüdend inszeniert hat.“ (Der Spiegel) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
T
Taxi Driver USA 1975, R: Martin Scorsese, D: Robert de Niro, Jodie Foster, Harvey Keitel / Originalfassung mit Untertiteln
“Robert de Niro ist in fast jeder Einstellung von Martin Scorseses fieberndem, entsetzlich komischen Film über einen New Yorker Taxifahrer. Dieser grimmige, mächtige Film ist wie eine grobe, sensationslüsterne Version von Dantes Inferno. In einigen Szenen erreicht Scorsese eine trance-gleiche Wirkung, der ganze Film lässt die Zuschauer schwindeln.“ (Pauline Kael) HB
Texas Chainsaw Massacre: The Beginning USA 2006, R: Jonathan Liebesman, D: Jordana Brewster, Taylor Handley
„Vier Teenager fallen einer texanischen Kannibalenfamilie in die Hände und werden auf bestialische Weise abgeschlachtet. Die Vorgeschichte zum Remake von ‚Texas Chainsaw Massacre‘ ist weniger ein Prequel als ein Remake des Remakes und erweist sich als grobschlächtiger, von extremem Sadismus und Nihilismus gezeichneter Splatterfilm, der sich ästhetisch und technisch an die Filme der frühen 1970er-Jahre anlehnt.“ (filmdienst) H, HB, HH, KI
Der Tod kennt keine Wiederkehr (The Long Goodbye) USA 1972, R: Robert Altman, D: Elliott Gould, Sterling Hayden
„Privatdetektiv Philip Marlowe versucht, den angeblichen Selbstmord eines Freundes zu klären, und gerät in das wirre Durcheinander einer schändlichen Geschichte, bei der sowohl ein trunksüchtiger Schriftsteller als auch ein sadistischer Gangsterboß eine Rolle spielen. Gegen die Aussage und Atmosphäre der literarischen Vorlage von Raymond Chandler inszenierter „Anti-Kriminalfilm“, der mit den herkömmlichen Sehgewohnheiten des Genres weitgehend bricht. Ein intelligentes Mörder-Puzzle, das als satirische Parabel auf eine haltlose Wirklichkeit zu verstehen ist, in der es keinen Platz für Individualität gibt.“ (Lexikon des internationalen Films) HH
U
Unser täglich Brot Österreich 2005, R: Nikolaus Geyrhalter
„‚Unser täglich Brot‘ zeigt einen Albtraum von Ordnung und Effizienz, den wir täglich als Konsumenten im Supermarkt in Gang halten. Seine Wucht verdankt er auch einer Aussparung: keine Interviews, kein Kommentar, keine moralischen Haltegriffe. Es werden keine Schuldigen dingfest gemacht und keine Konzernchefs vorgeführt. Geyrhalter zeigt in achsensymmetrischen Tableaus endlose Kornfelder, immer wieder fährt die Kamera durch scheinbar menschenleere Tomatenzuchtanlagen. Bilderbögen von kalter Schönheit, die wie fotografische Stillleben wirken. Auch die serielle Tötung von Fischen, Kühen, Schweinen und Hühnern ist zu sehen – auch Blut spritzt. Doch der Schrecken, der diesen Bildern innewohnt, ist subtiler. Die Äcker, die Treib- und Schlachthäuser scheinen ebenso menschenleer zu sein wie die Autofabriken. Wir sehen eine Maschinenwelt, ein System, dessen Perfektion seine Perversion ist. „Unser täglich Brot“ ist kein Splatter-, eher ein Science-Fiction-Film. Wenn Kubrick eine Dokumentation über die Agrarindustrie gedreht hätte, sie hätte so ähnlich ausgesehen.“ (taz) HB, HH
Utz Großbritannien/Italien/Deutschland 1991, R: George Sluizer, D: Armin Mueller-Stahl, Brenda Fricker
„Das Persönlichkeitsbild eines Barons, der in Prag als leidenschaftlicher Sammler von Meißener Porzellanfiguren während des sozialistischen Systems einen Lebensinhalt sucht. Eine in kunstvoller Rückblenden-Technik verfaßte Studie über die Stellung von Kunst und Sammlern innerhalb einer von Ideologie und Diktatur beherrschten Zeit sowie über die persönlichkeitsgefährdenden Auswirkungen von Individualismus in exzentrisch ausgelebter Form.“ (Lexikon des internationalen Films) HH
V
Verfolgt Deutschland 2006, R: Angelina Maccarone, D: Maren Kroymann, Kostja Ullmann
„Wie schon in ihrem Film ‚Fremde Haut‘ wagt sich Regisseurin Angelina Maccarone diesmal mit ‚Verfolgt‘ wieder an ein provokantes und sensibles Thema. Geschildert wird die sexuelle Beziehung zwischen der 52-jährigen Bewährungshelferin Elsa und ihrem 16 Jahre alten Schutzbefohlenen Jan. Aus ihrem monotonen Eheleben ausbrechend lässt sich Elsa auf die Affäre mit dem masochistisch veranlagten Jan ein, nur um statt Erlösung Ernüchterung zu finden. Mit seiner erfreulich unkonventionellen Variation des Lolita-Mythos ist ‚Verfolgt‘ ein irritierender Film über die Liebe zweier einsamer und verletzter Menschen.“ (Rheinischer Merkur) HH, KI
Vier Minuten Deutschland 2006, R: Chris Kraus, D: Hannah Herzsprung, Monica Bleibtreu
Endlich traut sich ein deutscher Filmemacher, großen Kino zu machen. In „Vier Minuten“ passiert alles auf der grandiosen Bühne des Melodramas, ohne dabei je pathetisch oder lächerlich zu wirken. Die Figuren sind überlebensgroß, die Gefühlsausbrüche elementar, die Geschichte märchenhaft überhöht - dies ist eine Filmoper. Kein Wunder also, dass die Musik in ihr eine große Rolle spielt. Sie bringt die beiden Protagonistinnen zusammen und verstrickt sie bald in einen Zweikampf am Piano. Die Klavierlehrerin Traude Krüger gibt schon seit 60 Jahren Musikunterricht in einem Frauengefängnis, aber solch eine Gefangene wie die Jugendliche Jenny hat sie noch nie gesehen. Diese ist ruppig, unberechenbar und aufsässig, aber auch eine Virtuosin am Klavier. Alles an dieser 20jährigen Mörderin ist der alten Frau zuwider, aber den Verlockungen ihres außergewöhnlichen Talents kann sie nicht widerstehen, und so versucht sie die Widerspenstige zu zähmen und wird dabei selber aus der seelischen Versteinerung geweckt, in der sie fast ihr ganzes Leben lang gefangen war. (hip) H, HB, HH, HL, KI, OL
Vitus Schweiz 2005, R: Fredi M. Murer, D: Teo Gheorghiu, Bruno Ganz
„Ein hochbegabter Junge, dessen Karriere als Pianist von seiner ehrgeizigen Mutter forciert wird, findet eine kindgerechte Rückzugsmöglichkeit bei seinem erdverbundenen Großvater, der auch noch zu ihm hält, als er durch einen Sturz vom Balkon zum ‚normalen‘ Kind wird. Die mit märchenhaften Untertönen konventionell erzählte Geschichte einer Menschwerdung mit geschliffenen Dialogen und eindrucksvollen schauspielerischen Leistungen. Eine Liebeserklärung an die Kindheit und die Musik.“ (filmdienst) H, HB, HH, OL
W
Der weiße Planet Kanada/Frankreich 2006, R: Jean Lemire, Thierry Piantanida, Thierry Ragobert
„In diesem Dokumentarfilm ist die Geburt eines Eisbärenbabys erstmals aus nächster Nähe zu sehen. Angesichts solch bewegender Naturaufnahmen setzen die Dokumentaristen Thierry Piantanida und Thierry Ragobert in alter französischer Tierfilmersitte zu poetischen Höhenflügen an und dichten Walrosse zu den Philosophen der Arktis um. Und tatsächlich: Den Tieren wachsen Sloterdijk-Schnauzer. Kein Wunder also, dass dieser vom Bund für Umwelt und Naturschutz unterstützte Film die Zuschauer eindringlich vor der Erderwärmung warnt: Wenn das Walross schwitzt, wird für die Menschen das Eis immer dünner.“ (Der Spiegel) HB, HH
Wer früher stirbt, ist länger tot Deutschland 2006, R: Marcus Rosenmüller, D: Markus Krojer, Jule Ronsted
“In einem Dorf in Bayern hört der elfjährige Sebastian, dessen Mutter vor Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, die Erwachsenen oft über den Tod reden. Sie denken sich nicht viel dabei. Sebastian denkt sich zuviel dabei. Aus dieser Diskrepanz entwickelt Markus Rosenmüller seine Komödie. „Wer früher stirbt, ist länger tot“ überzeugt durch eine profunde Logik, in die viele bayerische Überlebensweisheiten gemischt sind. Das lokale Idiom trägt entscheidend zum Charme des Films bei.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) H, HH
Das wilde Leben Deutschland 2007, R: Achim Bornhak, D: Natalia Avelon, Matthias Schweighöfer
„Uschi Obermaier war 1968 das deutsche Oben-ohne-Pendant zum bärtigen Ché-Guevara-Heiligenbildchen. Sie sprengte die „Kommune 1“ und turtelte mit den Rolling Stones. Schade: Biederer und kreuzbraver als im nächste Woche startenden Kinofilm „Das wilde Leben“ hätte man ihre Geschichte nicht verfilmen können. Für einen abendfüllenden Spielfilm ähnelt „Das wilde Leben“ zu sehr den mittelmäßigen Fließband-Produktionen des deutschen Fernsehens, in denen wilde Kerle oder freche Mädchen ihre pseudodramatischen Rollenspielchen vorhersehbar abspulen. So ist auch dieses Kinodebüt des 38-jährigen Regisseurs Achim Bornhak, der bislang zwei TV-Filme, vor allem aber Werbe- und Musikclips für MTV und Viva gedreht hat, nur ein bunter Bilderbogen ohne schlüssige Dramaturgie. Brav hält man sich an der Chronologie fest.“ (Der Spiegel) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Die wilden Kerle 4 Deutschland 2007, R: Joachim Masannek, D: Jimi Blue Ochsenknecht, Wilson Gonzalez
„Mittlerweile fahren die populären Kicker-Knirpse Motorrad, leben eltern- und schulfrei im Wald. In der Story geht es um eine (aus der griechischen Mythologie entlehnte) Eifersuchtstragödie, bevor es zum bewährten Fußballspiel-Showdown kommt. Trotz schwerer Dramaturgie-Verstöße werden die Kids diesen pathetisch-kruden Mix aus „Mad Max“, „The Tribe“ und „Wir Kinder aus Bullerbü“ lieben.“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Wo ist Fred? Deutschland 2006. R: Anno Saul, R: Til Schweiger, Jürgen Vogel
„Der fitte Bauarbeiter Fred (Til Schweiger) gibt sich als Behinderter aus, um einen signierten Basketball für den flegelhaften Sohn seiner Freundin zu ergattern. Mit Jürgen Vogel als prolligem Sidekick findet sich Schweiger in einer Serie von Behinderten-Slapsticknummern wieder. Als Vorbild dienen amerikanische bad taste-Komödien, aber weder ihr Witz noch ihre Schärfe werden erreicht.“ (tip) HB
Wolken ziehen vorüber Finnland 1996, R: Aki Kaurismäki, D: Kati Outinnen, Kari Väänänen/ Originalfassung mit Untertiteln
“Das hier gezeigte Elend, das kein extremes ist, sondern eines, das schleichend herankommt und ,normale Leute‘ trifft, ruft ein immens großes Mitleid für die liebevoll gezeichneten Figuren hervor. Doch trotz der düsteren Themen Arbeitslosigkeit und Rezession ist das neue Werk des Finnen Aki Kaurismäki erstaunlich optimistisch. Bei aller Tragik brechen sich die komischen Zwischentöne durch die Minimalistik der Dialoge, Mimik und Gestik Bahn. Die dem 1995 verstorbenen Stamm-Schauspieler Kaurismäkis, Matti Pelonpää, gewidmete Tragikomödie ist ein warmherziges, poetisches Märchen.“ (taz) HH
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