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Last Call für Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke

Der Vorstandsvorsitzende der Telekom ist offenbar ab sofort seinen Job los. Großaktionäre haben ihm nicht zugetraut, noch mehr Arbeitsplätze abzubauen, als sie es fordern. Rickes Nachfolger wird der bisherige Chef von T-Mobile

VON TARIK AHMIA

Die Spatzen pfiffen es von allen Dächern. Am Wochenende verdichteten sich Presseberichte, dass der Telekom ein Führungswechsel bevorsteht: Telekom Vorstandschef Kai-Uwe Ricke werde mit sofortiger Wirkung abgelöst, meldeten gestern einhellig die Nachrichtenagenturen DPA und Reuters und beriefen sich dabei auf Aufsichtsratskreise. Nachfolger soll der jetzige T-Mobile-Chef René Obermann werden. Dieser habe dem Telekom-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel bereits zugesagt, die Nachfolge Rickes anzutreten, der seit exakt vier Jahren an der Telekom-Spitze steht. Zumwinkel ist auch Vorstandschef der Deutschen Post AG. Noch gestern Abend sollte nach Informationen von Spiegel Online das vierköpfige Präsidium des Aufsichtsrates tagen, um den Wechsel abzusegnen. Ein Sprecher der Telekom wollte sich gestern nicht zu den Berichten äußern.

Nach Informationen des Handelsblattes sind große Teile des insgesamt 21-köpfigen Aufsichtsrates und der Telekom-Führungsspitze von den Plänen überrascht worden. Insbesondere die zehn Aufsichtsräte aus dem Arbeitnehmerlager würden dem Wechsel nur zustimmen, wenn er mit Arbeitsplatzgarantien verbunden sei, berichtet Spiegel Online. Eingefädelt hat Aufsichtsratschef Zumwinkel den Sturz Rickes offenbar in Absprache mit den beiden Großaktionären, dem Bund und dem Finanzinvestor Blackstone, der 4,5 Prozent an der Telekom hält. Der Bund hält insgesamt noch 32 Prozent der Telekom-Anteile.

Gemeinsam hatten die Großaktionäre Ricke offenbar nicht zugetraut, das Unternehmen aus seiner schwierigen Lage zu lenken. Denn Europas größter Telekommunikationskonzern hat Probleme, sich dem harten Wettbewerb anzupassen. Hohe Preise ließen die Telekom-Kunden massenhaft zu anderen Anbietern abwandern. Allein im Festnetz hat das Unternehmen in den ersten neun Monaten 1,5 Millionen Kunden an Konkurrenten wie Versatel, Arcor oder Hansenet verloren. Ricke warnte im August, das Konzernergebnis werde 2006 voraussichtlich 1 Milliarde Euro unter den Erwartungen liegen. Der Kurs der seit Jahren dümpelnden Telekom-Aktie brach darauf um 8 Prozent ein. Seitdem kämpft Ricke um seinen Job.

Mit neuen Preissenkungen, Sparmaßnahmen und der Neuausrichtung der einzelnen Konzernsparten wollte der Vorstandschef den Konzern aus der Krise führen. Schon davor hatte Ricke angekündigt, bis Ende 2008 32.000 Stellen zu streichen. Zusätzlich wollte er nun die Festnetzsparte T-COM effektiv zerschlagen. Insgesamt 45.000 T-COM-Mitarbeiter aus Technik und Kundendienst sollten in die neue Gesellschaft T-Service und eine Call-Center-Gesellschaft ausgegliedert werden. Doch Rickes Plan überzeugte allem Anschein nach nicht. Insbesondere der Finanzinvestor Blackstone drängt offenbar darauf, mehr Personal abzubauen als bisher geplant. Außerdem sollen Unternehmensteile verkauft und die Ausschüttung an die Aktionäre verbessert werden.

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