Waigel fehlen 18 Milliarden Mark

■ Während die Koalition die letzten Groschen zusammenkratzt, erklärt die Opposition deren Finanzpolitik für gescheitert und fordert Nachtragshaushalt

Bonn (AFP/taz) – Bund, Länder und Gemeinden werden in diesem Jahr voraussichtlich rund 18 Milliarden Mark an Steuern weniger einnehmen als bisher veranschlagt. Zu diesem Ergebnis kam der Arbeitskreis Steuerschätzung bei seiner dreitägigen Sitzung in Schwerin. Auf den Bund entfallen demnach im Vergleich zur Steuerschätzung vom November 9,1 Milliarden Mark an Mindereinnahmen, auf die Länder 6,9 Milliarden und auf die Gemeinden 1,8 Milliarden. Dazu kommen noch weitere 200 Millionen Mark, die der EU an Steuereinnahmen aus Deutschland entgehen. Für 1998 erwartet der Arbeitskreis im Vergleich zu seiner November- Schätzung Steuerausfälle von insgesamt 31,6 Milliarden. 1999 werden es demnach 32 Milliarden Mark.

Finanzminister Theo Waigel (CSU) führte die Steuermindereinnahmen unter anderem auf das im Vergleich zu früheren Prognosen geringe Wirtschaftswachstum sowie auf die hohe Arbeitslosigkeit zurück. Am Mittag hatte er mit der Bundesbank über eine mögliche Aktivierung der Goldreserven zur teilweisen Deckung der Lücke gesprochen. Weitere Maßnahmen wollte die Koalition gestern abend beraten. Die FDP schloß allerdings eine Steuererhöhung kategorisch aus.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Rudolf Scharping, verlangte als Sofortmaßnahme eine Sperrung aller Ausgaben, die nicht der wirtschaftlichen Belebung dienen. Sein bündnisgrüner Kollege Joschka Fischer sprach von einer „absoluten Bankrotterklärung“. Der Finanzminister sei umfassend gescheitert. bg Seite 4