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„girls, drink, feck!“ – streit um craggy island von RALF SOTSCHECK

Eine merkwürdige Insel: drei Pfarrer, erstaunlich viele chinesische Einwanderer, und drum herum ein radioaktiv verseuchtes Meer. Das klingt nicht sonderlich attraktiv, und der Name verheißt auch nichts Gutes: Craggy Island, die „felsige Insel“.

Die Pfaffen sind offenbar hierher strafversetzt worden: Father Ted, ein Unglücksrabe, dem alles schiefgeht; Father Dougal, ein Trottel, der an die Zahnfee glaubt; und Father Jack, ein Säufer, dessen Wortschatz aus drei Wörtern besteht: „Girls, Drink, Fuck.“ Letzteres spricht er aus Rücksicht auf seinen Chef, den Allmächtigen, „feck“ aus.

Will man hier leben? Eigentlich nicht, und das muss auch niemand. Craggy Island ist eine fiktive irische Insel, die für die saukomische Fernsehserie „Father Ted“ erfunden wurde. Sie lief von 1995 bis 1998 auf Channel 4. Nun streiten aber zwei echte Inseln darum, welche der beiden mehr Recht darauf hat, sich Craggy Island nennen zu dürfen.

Inis Mór ist die größte der drei Aran-Inseln vor der irischen Westküste. Dort findet am letzten Wochenende im Februar ein dreitägiges „Father-Ted-Festival“ statt. Den Teilnehmern werden typische Craggy-Island-Attraktionen geboten: die Mensch-ärger-dich-nicht-Aerobics, das Spiel „Versteck eine Nonne“, den „Nettes-Mädchen-Wettbewerb“ und das Kampfsingen „Ein Lied für Europa“.

Zum Abschluss können sich alle auf der „Father Jack Cocktail Party“ besaufen. Die Teilnehmerzahl ist auf hundert Leute begrenzt, die Tickets für 130 Euro sind längst ausverkauft. Inis Mór kann sich auf eine hübsche Einnahmequelle in der sonst so ruhigen Nebensaison freuen. Das ist den Bewohnern von Inis Oirr, der kleinsten Aran-Insel, angeblich ein Dorn im Auge. Die Betreiberin einer kleinen Pension monierte, dass die Nachbarinsel sich das Father-Ted-Erbe unberechtigt unter den Nagel gerissen habe. Schließlich sei kein einziger Meter der Serie auf Inis Mór gedreht worden, während die Anfangsszene jeder Folge, eine Luftaufnahme mit dem Schiffswrack der Plassey, eindeutig Inis Oirr zeige.

Der Rest der Serie wurde auf dem Festland gefilmt, die Innenaufnahmen drehte man im Studio in London. 1996 erhielt „Father Ted“ den Preis der britischen Filmakademie als beste Komödie, Hauptdarsteller Dermot Morgan wurde als bester Schauspieler ausgezeichnet. Er starb im Februar 1998 im Alter von 45 Jahren bei einem Umtrunk, als das Fernsehteam den Abschluss der Dreharbeiten für die dritte Staffel feierte.

Peter Phillips, einer der Organisatoren des „Father-Ted-Festivals“, will ein Fußballspiel entscheiden lassen: Die beiden Inseln sollen gegeneinander spielen, die einen als Priester verkleidet, die anderen als Nonnen. Der Gewinner darf sich ein Jahr lang Craggy Island nennen, der Verlierer heißt Rugged Island – wie die rivalisierende Insel in der Fernsehserie.

Der einzige Haken bei der ganzen Sache: Auf Inis Oirr schert sich niemand um das Festival. Der Inselstreit ist eine Erfindung englischer Boulevardzeitungen, die von Guardian bis BBC begeistert aufgegriffen wurde, weil die schlichten britischen Medien von Klischees nun mal nicht loskommen und ihre bunten Seiten gerne mit Geschichten über närrische Iren füllen.

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