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Nullprogramm für Beschäftigung

EU-Kommission sieht Deutschland als Schlußlicht beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Kohl solle sich ein Beispiel an Frankreich und Spanien nehmen  ■ Aus Straßburg Alois Berger

Die Beschäftigungspolitik der Bundesregierung ist nach Ansicht der EU-Kommission die ideenloseste in ganz Europa. Während sich andere Regierungen, vor allem in Paris und Madrid, ernsthafte Gedanken über die Reduzierung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit gemacht hätten, lasse der nationale Aktionsplan aus Bonn keinerlei Anstrengung erkennen.

EU-Sozialkommissar Padraig Flynn wollte den Plan aus diplomatischer Rücksichtnahme öffentlich nicht allzu deutlich kritisieren und erging sich lediglich in vagen Andeutungen. Einer seiner Mitarbeiter lieferte aber die Übersetzungshilfe: der deutsche Beschäftigungsplan sei schlicht „null Punkte“ wert. Die nationalen Aktionspläne gehen auf einen Beschluß der EU- Regierungschefs auf dem Beschäftigungsgipfel im letzen Jahr in Luxemburg zurück. Jedes Land, so der Beschluß, habe der EU-Kommission bis Mitte April konkrete Konzepte für die Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit vorzulegen. In dieser Woche gab die EU-Kommission eine erste Beurteilung ab, Ende des Jahres wollen dann die EU-Regierungschefs die Pläne im Detail analysieren und prüfen, ob die Hausaufgaben gemacht wurden. Die Idee dahinter war, daß sich die Regierungen ähnlich wie beim Schuldenabbau auch beim Abbau der Arbeitslosigkeit gegenseitig unter Druck setzen sollen.

Bundeskanzler Helmut Kohl machte keinen Hehl daraus, daß er die ganze Übung für eine Zumutung hält. Beschäftigungspolitik sei Sache der Mitgliedsländer. Er verhinderte deshalb die von EU- Kommissionspräsident Jacques Santer geplante Zielvorgabe, nach der die EU-Länder die Arbeitslosigkeit bis 2005 auf sieben Prozent senken sollten. Denn das hätte den öffentlichen Eindruck der Hilflosigkeit, den die Bonner Regierung bei der Bewältigung der Arbeitslosigkeit macht, auch noch mit Zahlen belegt. Übriggeblieben war deshalb in Luxemburg nur die Aufforderung an die Regierungen, nationale Aktionspläne aufzustellen, wie Jugendlichen nach spätestens sechs Monaten ein Neustart zu ermöglichen sei, damit sie nicht in die Aussichtslosigkeit abdriften. Erwachsene sollten nach höchstens 12 Monaten eine solche Chance bekommen. Ob dieser Neustart in einer Arbeitsvermittlung, einer staatlich bezuschußten Beschäftigung oder einer Umschulung liegt, bleibt den Regierungen überlassen. Vor allem in Paris und Madrid wurden verschiedene Pläne erdacht: Sie reichen von einer Verbesserung der Arbeitsvermittlung über sogenannte Ausbildungspläne bis zur Schaffung mehrerer hunderttausend befristeter Jobs in staatlichen Einrichtungen sowie der öffentlichen Verwaltung.

Neben diesen Programmen präsentiert sich der deutsche Aktionsplan als Meisterstück der inhaltsleeren Phraseologie. Der dafür zuständige Wirtschaftsminister Günter Rexroth hat lediglich aufgelistet, was Bonn an ABM und Umschulung ohnehin schon macht, angereichert mit den üblichen Appellen an die Einsatzbereitschaft der Arbeitslosen und den Pioniergeist der Unternehmer. EU-Kommissar Padraig Flynn bemühte sich trotzdem um Zurückhaltung: „Ich sage nicht, daß Deutschland an letzter Stelle steht.“ Aber er ließ eigentlich auch keinen Zweifel daran.

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