■ Nachschlag: Nichts zum Lachen: „Macbeth“ vom Theater des Lachens
Shakespeare derb? Der neueste Einfall ist das ja nicht, schreien die vielgespielten Stücke dieses Autors doch geradezu nach saftigen Inszenierungen. Das Theater des Lachens aus Frankfurt (Oder), ein Zusammenschluß freischaffender Künstler aus dem weiteren Umfeld der Theaterhochschulen Leipzig und Berlin, geht mit seiner „Macbeth“-Inszenierung aber weiter als bis zur bloßen Aufpeppung der Tragödie mit ein paar Sex-and-Crime-Szenen: Obwohl die Darstellung an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt, ist die Handlung bis zur Abstraktion eingedampft, konzentriert sich das Bühnengeschehen überwiegend auf das Machtspiel zwischen Macbeth (Ralf Bockholdt) und seiner Frau (Esther Esche). Das notwendige Gerüst zwischen diesen Szenen bilden die Hexen (Thomas Jahn, Richard Heidinger und Jakob E. G. Kraze), schmierige Komödianten mit Schmerbauch und fleischigen Stummelflügeln, deren Interventionen man fast lustig finden könnte – zumindest, bis sie in einer makabren Sequenz den Fremden mit den Süßigkeiten spielen, der Banquos Sohn in seine Fänge lockt und genüßlich abschlachtet. Spätestens als es um Päderastie geht, hat man kapiert: „Macbeth“ ist und bleibt eine Tragödie, zu lachen gibt es – wie als Hohn auf den Namen des Ensembles – erst mal gar nichts.
Klischees vermeidet die Inszenierung Astrid Griesbachs weitgehend, auch die Bühne (Marianne Hollenstein) bleibt abstrakt: eine steile schwarze Treppe, die sich als drohende Mauer vor den Zuschauern aufbaut, und die vor allem den abschließenden Sturz der Figuren vorwegnimmt. Einen Kontrapunkt zum solchermaßen dräuenden Unheil bilden Sängerin Twana Rhodes und Trompeter Paul Brody, deren Jazzimprovisationen ein poetisches Element einbringen, das freilich bei solch geballter Düsternis von Anfang an chancenlos ist.
Die große Königstragödie als schwarze Groteske, als düsteres Kammerspiel um die Abhängigkeiten zweier Menschen: Wo das auf knapp 90 Minuten verkürzt wird, leidet auf jeden Fall der komplexe Inhalt des Shakespearschen Originals, ohne Vorkenntnisse sind weder Macbeths Motivationen noch sein unvermeidliches Ende zu verstehen. Zum Ausgleich gibt es aber eine Schwarte meckernder Zynismus, der jede naturalistische Macbeth-Inszenierung als harmloses Kasperltheater erscheinen läßt. Jeder Satz ein Blutspucken. Falk Schreiber
Nächste Aufführungen: 10.-19. Juli, Hof Schönhauser Allee 165, Prenzlauer Berg, Karten unter 42401080.
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