■ Mit freiwilligem Lohnverzicht auf Du und Du: Ohne Tarif geht nichts
Berlin (taz) – Jürgen Mahneke, Gesamtbetriebsrat der Philipp Holzmann AG, hat sich auf dünnes Eis begeben, als er einen „freiwilligen Beitrag“ der Belegschaft zum Sanierungskonzept ankündigte. 18 Monate lang soll die Belegschaft wöchentlich 4 Stunden unbezahlt mehr arbeiten, auf 6 Prozent ihres Lohnes verzichten und Holzmann damit insgesamt 245 Millionen Mark sparen. „Für unsere Arbeitsplätze tun wir alles“, soll Mahneke dazu gesagt und Schulterklopfen geerntet haben. Gestern begannen erste Gespräche darüber, wie der Lohnverzicht festgeschrieben werden kann.
Das dürfte jedoch nicht so einfach sein. Die Beschäftigten, deren Arbeitsplätze auf der Kippe stehen, sind alles andere als begeistert von Mahnekes Ankündigung – warum auch sollen sie zuerst Zugeständnisse machen und nachher doch noch die Arschkarte ziehen? Und auch die Holzmann-Konkurrenz geht auf die Barrikaden. Sie bemängelt ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile für den maroden Konzern.
In ihrer Not haben die Verbände auch den sonst eher misstrauisch beäugten Flächentarif wieder entdeckt. „Wir werden die rechtlichen Mittel ausschöpfen, um Verstöße gegen das Tarifrecht zu verhindern“, erklärte ausgerechnet die Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg, die im vergangenen Jahr aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten ist, um nicht mehr tarifgebunden zu sein.
Aber gibt es überhaupt eine tarifkonforme Lösung? Der Tarifvertrag für das Bauhauptgewerbe selbst sieht Betriebsvereinbarungen nur für Sachverhalte vor, die nicht im Tarifvertrag geregelt sind. Öffnungsklauseln für betriebliche Härtefälle – mit Lohnabweichungen von bis zu 10 Prozent – gibt es nur in der ostdeutschen Bauwirtschaft. Holzmann ist jedoch ein Westunternehmen. Und den Tarifvertrag ändern, etwa in dem sie sich auf eine begrenzte Öffnung verständigen, können nur die Tarifparteien, also Gewerkschaft und Arbeitgeberverband gemeinsam. Nur: Daran hat der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, die Arbeitgeberseite, kein Interesse. Schließlich vertritt er auch die Holzmann-Konkurrenten.
Innerhalb des Verbandes ist für Holzmann also nichts zu holen. Bliebe der Austritt, der einen Haustarif mit der IG BAU ermöglichen würde. Das allerdings wäre für die Gewerkschaft ein schwieriger Schritt: Wenn sie auf diese Weise einem Unternehmen günstigere Konditionen einräumt, dürfte es die anderen kaum noch im Arbeitgeberverband und im Flächentarif halten. Beate Willms
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