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Freiwilligen fehlt die gemeinsame Stimme

■  Morgen ist der Internationale Tag der Freiwilligen. Zwar verzeichnen Agenturen, die hilfsbereite Menschen vermitteln, einen Nachfrageboom. Doch Sozialhilfeempfänger werden in ihrem Engagement gebremst

Morgen ist der Internationale Tag der Freiwilligen. Doch besonders weit herumgesprochen hat sich der Tag, den die Vereinten Nationen erstmals 1985 ausriefen, nicht. Dabei ist das Interesse an ehrenamtlicher Arbeit nach wie vor groß. Einen regelrechten Boom verzeichnen Freiwilligen-Agenturen, die hilfsbereite Mitbürger an soziale, Kultur- oder Umweltprojekte vermitteln.

Vor elf Jahren wurde in Berlin mit dem „Treffpunkt Hilfsbereitschaft“ die erste Freiwilligen-Agentur gegründet, bundesweit sind es heute um die hundert. Erik Rahn von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligen-Agenturen sieht darin einen Gegenpol zur traditionellen Verbandsarbeit: „Es ist nicht mehr wie früher, als man in die Arbeiterwohlfahrt eintrat, weil schon Opa da Mitglied war. Heute wollen die Freiwilligen punktueller arbeiten.“

Bei Umweltorganisationen brüten Freiwillige über einem Straßenbahnkonzept für Berlin oder arbeiten im Gewässerschutz. Die „Berliner Tafel“ verteilt übriggebliebene Restaurantvorräte an Obdachlose, Besuchsdienste nehmen sich Zeit für einsame Menschen im Krankenhaus oder betreuen Familien, die von AIDS betroffen sind. Nichtraucherverband, Jugendfußball und viele Kulturprojekte wären ohne ehrenamtliches Engagement nicht denkbar.

Eine gemeinsame Stimme haben Freiwillige bislang aber nicht. Die Agenturen sehen sich daher nicht zuletzt als Sprachrohr. Bei einer Podiumsdiskussion im Roten Rathaus hat das Aktionsbündnis für freiwilliges Engagement gestern SPD-Fraktionschef Klaus Böger, Ex-Sozialsenator Ulf Fink (CDU-MdB) und Helga Metzner (Grüne) eine Wunschliste überreicht. Zu den Wünschen gehört, dass für ehrenamtliche Arbeit generell Rentenansprüche angerechnet werden, wie dies etwa bei Kommunalpolitikern und Übungsleitern schon der Fall sei, und sie durch Steuererleichterungen unterstützt wird. Bemängelt wurde, dass Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, die mehr als fünfzehn Stunden pro Woche arbeiten, auch wenn sie dafür kein Geld bekommen, mit einer Kürzung ihrer Ansprüche rechnen müssen.

Die geladenen Politiker waren sich einig, dass die 15-Stunden-Regelung ehrenamtliche Arbeit unnötig behindere. Während Fink die Gelegenheit zu einem Seitenhieb gegen das 630-Mark-Gesetz der Bundesregierung nutzte, betonte Böger, dass die Förderung freiwilliger Arbeit nicht die staatliche Verantwortung auf dem Sozialsektor obsolet mache. Sowohl Fink als auch Böger zeigten sich zuversichtlich, dass in den nächsten Jahren ein reformiertes Stiftungsrecht durch die Steuerbefreiung von Erbschaften die Finanzierung ehrenamtlicher Projekte erleichtern könne.

Angesichts der verdächtigen Harmonie, die Fink, Böger und Metzner in einer Reihe von Allgemeinplätzen verbreiteten, forderte Carola Schaaf-Derichs als Vertreterin des Treffpunkts Hilfsbereitschaft konkrete Unterstützung ein: „Einerseits ruft die Politik immer wieder zu freiwilligem Engagement auf, andererseits werden viele Organisationen nicht als gemeinnützig anerkannt und können keine Spenden annehmen.“

Morgen wird mit der Freiwilligen-Agentur Kreuzberg im Nachbarschaftshaus Urbanstraße (NHU) eine weitere Anlaufstelle eröffnet. Getragen wird die Agentur vom NHU, dem Bezirksamt und der Kirchengemeinde Zum Heiligen Kreuz. Kontakte zu rund 150 Einrichtungen stehen bereits, eine Reihe von ihnen wird sich zur Eröffnung auf einem „Markt der Möglichkeiten“ präsentieren. Martin Kaluza

Eröffnung der FreiwilligenAgentur Kreuzberg im Nachbarschaftshaus Urbanstraße, Urbanstr. 21, von 14 bis 17 Uhr. Kontakt: 69 04 97-23.

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