: Pfeffersack-Privilegien
Nach der Einigung auf gemeinsame Medienaufsicht im Norden: Kritiker bemängeln Kommerzialisierung
Nun haben sich Hamburg und Schleswig-Holstein doch auf eine gemeinsame Landesmedienanstalt (LMA) und Filmförderung geeinigt: Durch einen Änderungsstaatsvertrag kann die Fusion wie geplant am 1. März vollzogen werden. Beschlossen war die Zusammenlegung zwar schon im Juni 2006. Doch in Schleswig-Holstein sorgte man sich, dass das Land in den künftigen Gemeinschaftseinrichtungen, etwa bei der Filmförderung, an den Rand gedrängt werden könnte. Durch die Zusage, dass das Land in der Geschäftsführung der fusionierten Filmförderung vertreten sein werde, scheinen diese Bedenken nun ausgeräumt worden zu sein. Am Mittwoch unterschrieben die Länderchefs Ole von Beust und Peter Harry Carstensen den Änderungsstaatsvertrag.
Damit ist vollzogen, was als Nagelprobe für die Reformfähigkeit der deutschen Medienaufsicht galt. Schon seit langem wird über den Sinn von 15 separaten LMA gestritten – bis auf Berlin und Brandenburg hat bisher jedes Bundesland seine eigene Medienaufsicht. Mit der Nord-Fusion scheint nun ein erster Schritt in Richtung funktionale Bündelung von Kompetenzen gemacht worden zu sein. „Es ist gut, dass es noch zu einer Einigung gekommen ist, sonst hätte sich bundesweit der Eindruck verfestigt, die Länder seien unfähig, im Medienbereich zusammenzuarbeiten“, sagte der Medienexperte der Hamburger Grünen, Farid Müller, zur Süddeutschen Zeitung.
Ganz anders die Einschätzung der nördlicheren Grünen: „Berlusconi lässt grüßen“, urteilte Karl-Martin Hentschel, Abgeordneter im Kieler Landtag, über den Änderungsstaatsvertrag. Wichtige Regelungen des schleswig-holsteinischen Landesrundfunkgesetzes würden durch ihn wegfallen: „Die Vergabe von Sendefrequenzen erfolgt nicht mehr vorrangig nach qualitativen Gesichtspunkten.“ Bei mehreren Bewerbern auf dieselbe Frequenz soll nun der kapitalkräftigste den Zuschlag erhalten. Auch qualitative Anforderungen an den privaten Rundfunk wie etwa das bisherige Gebot, „die Vielfalt der Meinungen im Wesentlichen zum Ausdruck zu bringen“, würden nicht beibehalten. „Entsprechende Passagen kommen in dem neuen Gesetz nicht mehr vor, deshalb lehnen wir es ab“, so Hentschel.
Weitere Bedenken hat man beim Hamburger Lokalradio „Freies Sender Kombinat“ (FSK). Der aus Beiträgen seiner HörerInnen finanzierte Sender fürchtet um ähnlich gelagerte Projekte, da der Nord-Vertrag nur noch Rundfunkveranstalter anerkenne, die sich aus Werbung oder Gebühren finanzierten. „Ein Medienstaatsvertrag, der Meinungsvielfalt intendiert, muss die Möglichkeit von nichtkommerziellen Radios explizit festschreiben“, fordert das FSK. HPI
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