Der Nahost-Gipfel in Jerusalem hat keine neuen impulse gebracht: Die Chance von Mekka
Die politische Lage im Nahen Osten ist zu prekär, um eine neue diplomatische Nullnummer vertragen zu können. Aber genau das war der Dreiergipfel in Jerusalem. Denn was zuvor als Veranstaltung tituliert worden war, dem Friedensprozess neues Leben einhauchen, endete erneut in den üblichen Unverbindlichkeiten. Die US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte nach ihrem Treffen mit dem israelischen Premier Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas als Ergebnis nichts Konkretes anzubieten – außer dass sie die Region demnächst erneut beehren wird.
Es ist gerade etwas weniger als zwei Wochen her, da war der Gaza-Streifen aus einem Albtraum aufgewacht. Statt aufeinander zu schießen, nahmen die rivalisierenden Hamas- und Fatah-Kämpfer nach Wochen blutiger Auseinandersetzungen untereinander ihre Kalaschnikows und feuerten Freudenschüsse in die Luft. Der Optimismus nach der Verkündung des Mekka-Abkommens sollte die neue palästinensische Einheitsregierung durch die nächsten schwierigen Wochen tragen. Nun droht er wieder zu verfliegen.
Die Aufgaben, vor denen das neue Joint Venture aus Hamas und Fatah steht, sind enorm. Es geht um nichts weniger als die völlige Neustrukturierung palästinensischer Innenpolitik. Hamas hat seine Monopolstellung in der Regierung verloren, bleibt aber immer noch federführend. Und, noch wichtiger: Fatah hat sich erstmals mit einer Junior-Rolle begnügt. Wie sollen sich Europa und die USA dieser neuen Realität gegenüber nun verhalten?
Gefordert wird, dass die neue palästinensische Regierung Israel explizit anerkennt, bevor der Boykott gegen sie aufgehoben wird. Tatsachlich wird die Definition des Verhältnisses zu Israel die erste große Herausforderung dieser Regierung sein. Dabei kann sich Hamas nun aber auch ein wenig hinter den anderen Kabinettsmitgliedern verstecken und eine Kompromissformel finden.
Europa und die USA wären gut beraten, diese neue, seit Mekka losgetretene Dynamik zu unterstützen. Gerade wegen der Ungewissheit der neuen palästinensischen und der Schwäche der israelischen Regierung muss jede ernsthafte Initiative von außen kommen. KARIM El-GAWHARY
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