: Brücke über die Ostsee rückt näher
Deutschland und Dänemark erzielen grundsätzliche Einigung über den Bau der Fehmarnbelt-Querung
HAMBURG taz ■ Das letzte Hindernis für den freien Verkehrsfluss zwischen dem Nordkap und Gibraltar soll beseitigt werden. Die Brücke über den Fehmarnbelt könne „im Grundsatz“ gebaut werden, teilte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) gestern in Berlin mit. Übermäßig begeistert zeigte er sich allerdings nicht.
Das Projekt habe aus seiner Sicht „keine hervorragende Priorität“, stellte Tiefensee nach einem Treffen mit seinem dänischen Amtskollegen Flemming Hansen klar. Verhandelt wurde gestern in Berlin bis zur letzten Minute über das Geld. Erst dann sei „ein einvernehmlicher Vorschlag“ erarbeitet worden. Diesem müssten der Deutsche Bundestag und das dänische Folketing noch zustimmen. Die Einigung sieht vor, dass Dänemark und das Bundesland Schleswig-Holstein sich deutlich stärker als bisher geplant an der Finanzierung der zweistöckigen Auto- und Eisenbahnbrücke beteiligen. Die Gesamtinvestitionen für Brücke und Anschlussstraßen dürften bei 5,5 Milliarden Euro liegen.
Die knapp 20 Kilometer breite Meerenge zwischen der Ostsee-Insel Fehmarn und der dänischen Insel Lolland ist die kürzeste Verbindung zwischen Skandinavien und dem Kontinent. Bislang pendeln im Halbstundentakt Zug- und Autofähren über die sogenannte Vogelfluglinie. Eine Brücke würde den Weg zwischen Kopenhagen und Hamburg gegenüber der jetzigen Jütland-Strecke via dänische Inseln und Flensburg um rund 160 Kilometer verkürzen.
Vor allem die Regierungen Dänemarks und Schwedens sowie die Industrieverbände beider Länder haben seit Jahren erheblichen Druck ausgeübt, um die feste Querung zu realisieren. Als Vorbilder gelten ihnen die Brücke über den Öresund zwischen Kopenhagen und dem schwedischen Malmö sowie die innerdänische Brücke über den Großen Belt. Der ungehinderte Verkehr im westlichen Ostseeraum, einer der wirtschaftlich am stärksten wachsenden Regionen der Welt, ist für die Skandinavier „von vitalem Interesse“, wie Dänemarks Regierungschef Anders Fogh Rasmussen erst im Dezember vorigen Jahres Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nachdrücklich verdeutlichte.
Die Kosten für die Brücke selbst werden mit 4,1 Milliarden Euro veranschlagt. Diese sollen von Privatinvestoren aufgebracht, über Staatsgarantien Deutschlands und Dänemarks abgesichert und binnen 25 bis 30 Jahren durch Mauteinnahmen refinanziert werden. Von der EU wird ein Zuschuss von etwa 1,5 Milliarden Euro aus dem Topf für grenzüberschreitende Verkehrsprojekte erwartet. Dieser 8-Milliarden-Euro-Fonds, über deren Verteilung die EU im Frühjahr entscheiden will, ist jedoch chronisch unterfinanziert. Die Fehmarnbelt-Querung ist dort nur eines von 30 europäischen Projekten. SVEN-MICHAEL VEIT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen