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…WAS MACHT EIGENTLICH ... Radio Paradiso?Seinen biblischen Auftrag erfüllen

Erst Nähe und Wärme machen den Menschen zum Menschen, das weiß niemand besser als die Macher des Senders Radio Paradiso. Auf der Frequenz 98.2 sendet das von der evangelischen Kirche finanzierte Programm rund um die Uhr Kuschelsongs, die babyölglatt aus dem Lautsprecher träufeln (Claim: „Berlins bester Softmix!“).

Der Kirchensender wird heute zehn Jahre alt, deshalb wird Wolfgang Huber, der Bischof mit dem wohl größten Sendungsbewusstsein, Radio Paradiso heute in einem Festgottesdienst loben und preisen. Dies alles ist schön und gut, aber eigentlich nicht weiter erwähnenswert. Nun will es aber der Zufall, dass sich just am Wochenende Kulturschaffende mit harscher Kritik an der evangelischen Kirche zu Wort meldeten. Sie drohe in die Spaßgesellschaft abzudriften und sich so selbst zu demontieren, fürchten zum Beispiel die Schauspielerin Jutta Lampe und die Vizechefin der Akademie der Künste, Nele Hertling.

Ein haarsträubender Vorwurf steht also im Kirchenschiff. Aber keine Bange, Bischof Huber wird ihn mit Verweis auf Radio Paradiso wortgewaltig zurückweisen. Der Sender rief schon mal zur Produktion von 2.000 „knuddeligen Babys für Berlin“ auf, verbunden mit dem Versprechen, sich um den Kitaplatz zu kümmern. Nie wurde der biblische Auftrag „Mehret euch!“ konsequenter in die Logik der Mediengesellschaft übersetzt. Und was ist Rod Stewarts Schnulze „Have I told you lately, that I love you“ anderes als ein zeitgemäß verpacktes „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“? Ein Hoch auf Radio Paradiso, das an jedem Tag, den der Herr werden lässt, gegen die Spaßgesellschaft kämpft. US FOTO: ARCHIV

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