: Private Träger kämpfen um Förderschulen
INKLUSION Eigentlich müsste Förderschulen das Aus drohen. Doch private Träger investieren und hoffen auf eine Zukunft. Sie glauben fest an ihr Modell
BERLIN taz | Wenn Jürgen Auer über Inklusion spricht, versucht der Landesgeschäftsführer der Lebenshilfe Bayern andere Impulse zu setzen. Inklusion dürfe „keine Einbahnstraße“ sein, sagt er. Nicht nur SchülerInnen mit Förderbedarf sollten auf Regelschulen gehen können, sondern auch umgekehrt RegelschülerInnen auf Förderschulen. Die bayerische Lebenshilfe betreibt etwa 50 Förderschulen und ist damit einer der größten privaten Träger bundesweit.
Die Inklusion, die den gemeinsamen Unterricht von Förder- und RegelschülerInnen vorsieht, stellt die privaten Träger von Förderschulen vor eine ungewisse Zukunft. Die Anzahl der SchülerInnen an Förderschulen nimmt ohnehin stetig ab, wie dem kürzlich veröffentlichten Bildungsbericht zu entnehmen ist. Von rund acht Millionen SchülerInnen haben in Deutschland demnach etwa 491.000 sonderpädagogischen Förderbedarf. Davon besuchten 2012 etwa 174.000 eine Förderschule; 2006 waren es noch 215.000 – ein Schwund von 19 Prozent. Das ist weniger auf die voranschreitende Inklusion zurückzuführen als vielmehr auf den demografischen Wandel.
Die Zahl der Förderschulen verharrt noch auf ihrem Niveau. Nach den Vorstellungen der meisten Kultus- und Schulministerien sind sie jedoch ein Auslaufmodell. Nordrhein-Westfalen plant einen besonders radikalen Weg: Die Landesregierung hat die erforderliche Mindestgröße für Förderschulen so verändert, dass ein Großteil von einer Schließung bedroht scheint.
Nun kämpft eine ganze Branche um ihre Existenz. Der Anteil der Privatschulen im Bereich der Förderschulen ist überdurchschnittlich hoch. In Bayern sind mehr als die Hälfte davon, nämlich 54 Prozent, in der Hand freier Träger. Bundesweit sind es etwa 20 Prozent.
Diese freien Träger machen mitunter ein Minusgeschäft. In Bayern übernimmt die Staatskasse je nach Förderschwerpunkt zwischen 80 und 100 Prozent des Bedarfs für den Schulaufwand. „Verwaltungs- und Bewirtschaftungskosten werden nicht in vollem Umfang refinanziert“, heißt es etwa bei der katholischen Regens-Wagner-Stiftung in Dillingen. Ihr Defizit gleicht sie über die wirtschaftliche Tätigkeit der örtlichen Franziskanerinnen aus.
Langfristig sehen die privaten Träger dennoch keine Krise ihrer Förderschulen: „Solange es Politik und Gesellschaft nicht gelingt, ein inklusives Schulsystem, das den Bedürfnissen aller SchülerInnen gerecht wird, zu realisieren, bleibt der Bedarf an Förderschulen mit spezialisierten Angeboten bestehen“, sagt Pfarrer Rainer Remmele, Vorstandsvorsitzender der Regens-Wagner-Stiftungen. Auch Jürgen Auer von der Lebenshilfe findet: „Regelschulen sind auf viele Anforderungen nicht ausgerichtet.“ Die Möglichkeiten der Förderschulen dürften nicht verloren gehen. HENNING RASCHE
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