: Von der Last der Dinge
Die Gestaltungslehre Feng Shui lässt sich dafür nutzen, mit der eigenen Wohnung das eigene Leben aufzuräumen und dabei Ballast abzuwerfen. Durch die Hintertür fernöstlicher Weisheit gelangen dabei alte Tugenden im Westen wieder zu Ehren
VON GERNOT KNÖDLER
Der Weg zum Glück führt über eine aufgeräumte und wohlgeordnete Wohnung. Wer‘s nicht glauben will, sorge als erstes dafür, dass er die Türen frei räumt. Sofort stellt sich ein Gefühl der Befreiung oder Erleichterung ein. Das Leben wird einfacher, wenn man sich nicht durch halb geöffnete Türen oder auch zugestellte Räume zwängen muss. Und wer nicht jeden Tag vor einer Kommode steht, die vollgestopft ist mit Sachen, die er schon seit Jahren nicht mehr getragen hat, kommt leichter durchs Leben.
Die Engländerin Karen Kingston hat diese einleuchtenden Weisheiten mit der chinesischen Gestaltungslehre Feng Shui verknüpft und daraus ein ungeheuer motivierende Vorschläge zur Verbesserung des eigenen Lebens abgeleitet. Motto: Wer sich vom Gerümpel des Alltags befreit, wer einen Großteil der tausend Dinge, die unsere Wohnungen verstopfen, weggibt, gewinnt an Energie. Er wird frei, sich auf das Leben hier und jetzt einzulassen.
Feng Shui ist „ein hoch komplexes System, mit dem man die Atmosphäre in Räumen zunächst analysieren und dann verändern kann“, sagt die Ohlstedter Feng-Shui-Beraterin Brigitte Hölscher. Den Himmelsrichtungen, Tages- und Jahreszeiten werden unterschiedliche energetische Qualitäten zugeordnet und daraus Hinweise entwickelt, wo und wie ein Haus am besten zu bauen oder wie eine Wohnung am besten einzurichten wäre.
„Die Idee ist, dass es dem Menschen gut geht, wenn er sich entsprechend der natürlichen Zyklen verhält“, sagt Eva Prignitz vom Hamburger Institut für westliche und östliche Geomantie. Orientiert an den Himmelsrichtungen und der von dort postulierten Einflüsse werden einer Wohnung in einem vereinfachten Schema Bereiche des Lebens zugeordnet: Karriere und Reise, Liebe, Nachwuchs und Kreativität, Wohlstand, Wissen und Weisheit – insgesamt neun. Ist einer der Bereiche in der Wohnung blockiert, so die Idee, geht es dort auch im Leben nicht voran.
Ob dieses Schema, das „Bagua“, tatsächlich an den Himmelsrichtungen oder aber an der Eingangstür ausgerichtet werden muss, darüber gibt es verschiedene Ansichten. Ganz gleich, wie ernst diese Schemata zu nehmen sind: Sie wirken auf jeden Fall motivierend: Wer will schon, dass die Karriere nicht voranschreitet, bloß weil der entsprechende Bereich der Wohnung blockiert ist.
Die Feng-Shui-Beraterin Kerstin Bertz aus Norderstedt sagt von sich, sie habe die Baguas für sich immer wieder in Frage gestellt. „Wohlhabende Leute, die in ihrem Reichtumsbereich eine Toilette haben, habe ich aber noch nie erlebt“, sagt sie. Andererseits liege nicht jedes Problem in der Wohnung: „Es nützt nichts, im Reichtumsbereich einen Springbrunnen aufzustellen, wenn ich davon überzeugt bin, dass Reichtum schwer erarbeitet werden muss. Für Bertz sind die Baguas eines von verschiedenen Mittel, ihren Klienten zu helfen. „Das Ziel ist, die Menschen, die hier leben und arbeiten zu unterstützen.“ Es gehe darum, herauszufinden, was das Thema eines Raumes sei und damit, wo die zugehörige Person ihre Defizite habe. Sie versucht sie deshalb flexibel und individuell anzuwenden.
Putzen und Ausmisten hilft Bertz zufolge auf jeden Fall. Sie empfiehlt außerdem, die Mitte der Wohnung durchgängig zu halten und damit zu stärken. Zudem seien rechteckige Räume und Wohnungen gegenüber anderen zu bevorzugen.
Karen Kingston, Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags, Rowohlt-Verlag 2003, 9,90 Euro
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