piwik no script img

„Bisschen was lass ich raus“

Zum Tag des Fahrstuhlführers: Ein Wahrheit-Interview mit Reinhold Breitner

Reinhold Breitner ist Fahrstuhlführer. Nicht irgendein Fahrstuhlführer. Reinhold Breitner ist für den Fahrstuhl eines sehr vornehmen Hotels zuständig: das Fünf-Sterne-Hotel „Yagi“ in Düsseldorf. Es ist ein Fahrstuhl für die Prominenz aus aller Herren Länder. Deswegen kann diesen Fahrstuhl auch nicht jeder bedienen. Diesen Fahrstuhl kann nur ein Mann bedienen wie Reinhold Breitner. Der ist nicht umsonst gelernter Lokführer. Nichts, was mit Fahren und Führen zu tun hat, ist ihm fremd. Außerdem könnte er sich in sämtlichen deutschen Dialekten unterhalten. Wenn er wollte. Er will aber nicht. Schließlich ist er Fahrstuhlführer. König über ein zwar kleines, aber sehr exklusives Reich. Echte Teppiche, Etagenknöpfe aus handgeschnitztem Elfenbein. Aus den Lautsprechern dringt gedämpfte Tablamusik – live gespielt von blinden Indern. Alles vom Feinsten, denn in diesem Aufzug fährt Breitner die Prominenz. Alles was Rang und Namen hat, in Politik, Show und Sport. Breitner könnte stundenlang Geschichten erzählen über Prominente. Wenn er wollte. Meistens will er aber nicht. Für unseren Wahrheit-Autor Albert Hefele hat er anlässlich des Internationalen Tags des Fahrstuhlführers eine Ausnahme gemacht.

Albert Hefele (konzentriert): Sie können mit Fug und Recht behaupten, mit den Prominenten auf Tuchfühlung zu sein. Schulter an Schulter, Bein an Bein … Wie ist das? Wie sind die?

Reinhold Breitner (fachlich fundiert): Insgesamt kann man sagen: Der Prominente ist im Prinzip ein Mensch wie du und ich. Alles an seinem Platz …

Hefele (kritisch): Und doch ist der Promi ja vor allem eines: prominent.

Breitner (eifrig zustimmend): Das kann man sagen – und wie. Und einfach sind die nicht, kann ich Ihnen sagen. Wenn ich auspacken würde – aber hallo!

Hefele (schelmisch mit einem Schein winkend): Wir hätten nichts dagegen.

Breitner (sich routiniert den Schein schnappend): Na gut, dann will ich mal nicht so sein. Eigentlich hab ich ja Schweigepflicht, aber: bisschen was kann man ja rauslassen. Muss ja nicht päpstlicher als der Papst sein … apropos – zum Beispiel die Geschichte mit dem Papst …

Hefele (großäugig): Mit dem Papst, unserem Benedikt?

Breitner (schmunzelnd): Eben der, der Benedikt kommt in den Aufzug und hat doch tatsächlich eine Kasten Weihwasser dabei und … – nein, das kann ich nicht erzählen, das würde … (pruuust!) das gäbe einen Skandal, das kann ich den Gläubigen nicht antun.

Hefele (verführerisch mit einem Zwanziger wedelnd): Auch nicht mit Hilfe dieses Ablasszettelchens?

Breitner (sich hastig bekreuzigend): Nee, nee, das ist mir zu gefährlich. Jenseitsmäßig. Wissen Sie was? Ich erzähl Ihnen dafür das mit dem Hochspringer und Reich-Ranicki.

Hefele (dysphorisch): Ooch … Reich-Ranicki und ein Hochspringer.

Breitner (prustend): Wartens Sie’s nur ab – also, der passte kaum in die Kabine, der Hochspringer, hätte mit dem Knie den fünften Stock drücken können. So einer war das …

Hefele (matt): Toll, das hört sich ja toll an …

Breitner (wieder prustend): Reich-Ranicki nicht faul – Sie kennen ihn ja –, also der, nicht faul, zum Hochspringer: „Ssssiee wolän wohl hoch hinausz?“

Hefele (baff): Aha. Und?

Breitner (sich krümmend erläuternd): Na – hoch hinaus! Zum Hochspringer! Das ist doch … das kann nur der Reich-Ranicki.

Hefele (schlaff): Na ja. Wenn Sie meinen.

Breitner (wild): Und dann – psst aufgepasst! Die Geschichte, wie mich damals Elke Heidenreich angemacht hat …

Hefele (neu erwachend): Elke Heidenreich hat Sie angemacht? Wirklich?

Breitner (sonor): Na und ob. Also die Heidenreich kommt hier rein. Riesige Oberweite, kennt man ja, und alles hauteng …

Hefele (erstaunt): Die Heidenreich? Hauteng?

Breitner (kurz sinnend): Nee, nicht Heidenreich? Aber irgendwas mit Heidi …

Hefele (gähnend): Heidi? Doch nicht Heidi Klum?

Breitner (sicher): Nee, die war’s nicht. Eins von diesen Ludern jedenfalls. Also die kommt hier rein, volle Lotte, und zu mir: „Na Meister, die Uniform steht Ihnen aber gut. Dann drücken Se mich mal kräftig …“

Hefele (schon im Gehen): Ganz toll, sehr spannend. Wir müssen aber leider …

(langsam ausblenden)

Breitner (von weiter hinten): Also ich nicht faul: Wie meinen Sie denn das? Und dann sie …

INTERVIEW: ALBERT HEFELE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen