SPECIAL AGENT AUF DER OPER: Tom Cruise macht die ÖsterreicherInnen ganz narrisch
RALF LEONHARD
Ein Terrorüberfall auf den Opernball in Wien. Nur das beherzte Einschreiten von Special Agent Ethan Hunt kann Tausende Ballgäste den Klauen des Todes entreißen. Der nunmehr fünfte Teil des Actionklassikers „Mission Impossible“ wird gerade am Originalschauplatz gedreht. Fünf Tage lang konnten Wienerinnen und Wiener live verfolgen, wie Hollywoodstar Tom Cruise sich mit Rebecca Ferguson – oder ihrem Stuntdouble – in güldener Abendrobe halsbrecherisch vom Dach der Staatsoper abseilte. Die wahren Fans, die ganze Nächte vor der Oper ausharrten, wurden am Dienstag in den frühen Morgenstunden für ihre Beharrlichkeit belohnt: Vor ihren Augen wurde ein Geländewagen zuerst mit Brandbeschleuniger geduscht und dann in die Luft gejagt.
Tom Cruise, bekennender Wien-Fan, begeistert seine Anhängerschaft immer wieder durch freundliches Winken. Und wenn er nicht gerade auf dem Operndach herumturnt, lässt er auch die eine oder andere junge Frau für ein Selfie an sich heran. Der Schauspieler ist auch in den Restaurants und Bars der Innenstadt anzutreffen. Die Kronen Zeitung lobte sogar 55 Euro für die besten Schnappschüsse von Cruise und Co aus und veröffentlichte die Bilder in ihrer Onlineausgabe. Manche gingen in der Selbstdarstellung aber zu weit. So drängte sich am Mittwoch ein Mann in den abgesperrten Bereich, als gerade das Defilee der Opernballgäste auf dem roten Teppich gefilmt wurde. Der Flitzer landete im Polizeigewahrsam und wurde wegen aggressiven Verhaltens angezeigt. Die Gratisblätter halten ihre Leser auf dem Laufenden und wissen auch zu berichten, dass Co-Star Simon Pegg, der im Smoking 25-mal die Rolltreppe hochzulaufen hatte, zwischen den Drehs immer wieder mit dem Föhn getrocknet werden musste.
Von Regisseur Christopher McQuarrie über Cruise und Filmpartnerin Ferguson bis zum letzten Requisiteur umfasst die Crew 230 Personen, die in Wien ausschwärmen und ihr Geld ausgeben. Marijana Stoisits, Geschäftsführerin der Vienna Film Commission, rechnet vor, dass während der Dreharbeiten knapp vier Millionen Euro für Unterkunft, gutes Essen, Equipment und Statisten ausgegeben werden. Da lasse es sich schon rechtfertigen, dass das Wirtschaftsministerium das Projekt mit 500.000 Euro subventioniert – unter der einzigen Auflage, dass auch österreichische Produktionsfirmen beschäftigt werden. Das ist international üblich, da sich Regierungen einen Werbewert für ihr Land erwarten. Der Regisseur und Produzent Peter Kern hält allerdings nichts davon, dass der Staat Hollywoodproduktionen fördert. Es sei „Schwachsinn“ zu glauben, dass das Geld nach Österreich zurückfließen würde, so Kern. Und Maria Anna Kollmann vom Dachverband der österreichischen Filmschaffenden findet es bezeichnend, dass die Behörden vor den großen Namen auf die Knie fallen. Für den Actionthriller habe man ohne Probleme die U-Bahn als Drehort bekommen. Für heimische Produktionen sei es hingegen schon „schwierig, auch nur eine Autobushaltestelle bespielen zu können“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen