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Was eine Jüdin alles darf

LESUNG Komisch und politisch herzerfrischend unkorrekt: Lena Gorelik liest „Lieber Mischa“

Man hat es nicht immer leicht in Deutschland, so als Jude. Auch bei der schweinefleischlosen Ernährung. Sagen im Backshop: „Ich hätte gern das Fischbrötchen“, erhalten die Antwort: „Das ist aber Schinken“ und kontern: „Habe ich Sie gefragt, wie der Fisch heißt?“ Denn Juden „sind nicht hinterlistig, nur gerissen“, sagt Lena Gorelik: „Sonst hätten sie nicht überlebt.“ Deshalb erklärt sie ihrem 14-monatigem Sohn – der nach langen Diskussionen mit Mann, Eltern und Freunden doch nicht Schlomo Adolf heißt, sondern Mischa – in ihrem neuen Buch, warum bei der jüdischen Weltverschwörung nur auserwählte Juden mitmachen dürfen (seine Eltern aber nicht), dass es kein Antisemitismus ist, wenn man Michel Friedman nicht ausstehen kann und warum die nervigsten Zeitgenossen arische Gutmenschen sind, die mit leuchtenden Augen fragen: „Waas, Du bist echt Jude?“

Lena Gorelik darf das alles. Die 30-jährige Schriftstellerin ist eine russisch-deutsche Jüdin, die 1992 aus St. Petersburg nach Deutschland kam. Und sie gehört zu der jungen Generation, die jüdische Identität über die Zukunft definiert, ohne die Vergangenheit zu vergessen. Während ihres Studiums an der Deutschen Journalistenhochschule in München hospitierte sie 1993 drei Monate bei der taz hamburg – was so karrierehemmend nicht gewesen sein kann, denn für ihre ersten drei Romane erhielt Lena Gorelik viele lobende Kritiken und mehrere Literaturpreise. Auch ihr viertes Werk „Lieber Mischa“, aus dem sie heute Abend in Hamburg liest, hätte beides verdient: Es ist klug, es ist komisch und es ist politisch herzerfrischend unkorrekt. SMV

■ Do, 14. 4., 20 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38

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