piwik no script img

Der ewige Geheimtipp

Die Berliner Singer-/Songwriterin Kitty Solaris macht nicht nur selbst gute Musik. Mit der „Lofi-Lounge“ im Schokoladen verteidigt sie auch eine der letzten Bastionen der Berliner Alternativkultur in Mitte

Ein „frühlingsleichter Songwriter-Abend“ erwarte einen im Schokoladen in der Ackerstraße, versprach die Post der Berliner Singer-/Songwriterin Kitty Solaris, die hier an jedem zweiten Mittwoch im Monat ihre „Lofi-Lounge“ veranstaltet.

Seit zwei Jahren gibt es den Abend jetzt schon, und Kitty Solaris aka Kirsten Hahn frönt damit nicht nur ihrer Vorliebe für Lofi-Sounds; er repräsentiert auch das „low profile“, das sich die ambitionierte und durchaus umtriebige, seit Jahren aber eher im Verborgenen wirkende Künstlerin selbst verleiht.

Als Kitty Solaris ist die Sängerin und Gitarristin immer wieder auf Berliner sowie in- und ausländischen Bühnen zu erleben, ihre melancholischen Songs in der Tradition von Cat Power, Stina Nordenstam oder Aimee Mann werden dabei von Steffen Schlosser am Schlagzeug begleitet. Drei schöne Alben voller leichter bis schräger Großstadtmelodien waren bislang das Ergebnis der fruchtbaren Zusammenarbeit; für die Produktion ihres aktuellen, im Januar erschienenen Albums „Future Air Hostess“ holte sich Kitty Solaris den Delbo- und Hund-Am-Strand-Produzenten Tobias Siebert.

Und weil sich die ehemalige Soziologiestudentin, die sich selbst als „eher schüchterne Einzelgängerin“ bezeichnet, in ihrem beinahe zehnjährigen Musikerinnendasein dem Do-it-yourself-Prinzip verschrieben hat, betreibt sie seit kurzem auch ihr eigenes Label. „Solaris Empire“ heißt die Heimat von Kitty Solaris und weiteren, für die Zukunft geplanten Projekten, und dem Namen zufolge wird hier gerade der Abschied von der bislang gelebten Bescheidenheit vorbereitet.

Unterstützung erfährt Kitty Solaris dabei vom mySpace-Phänomen, das ihr „täglich vier bis fünf Anfragen von Bands aus der ganzen Welt“ beschert, die alle in Berlin spielen wollen. „Berlin hat sich in den letzten Jahren als Musikstandort etabliert“, meint Kitty Solaris, die ihr Label gerne „schlank, aber möglichst effektiv“ betreiben, aber auch in Zukunft nicht von ihrer „minimalen Arbeitsweise“ abweichen will: „Man kommt zwar langsamer voran, vermeidet aber auch den Burnout.“ Und findet nebenbei noch die Zeit, dem mit Konzerten übersättigten Berliner Publikum neue Bands zu präsentieren, unter denen – wie auch an diesem Mittwoch im Schokoladen – durchaus Entdeckungen zu machen sind.

Hier sitzt der Chef noch selbst an der Kasse beziehungsweise die Chefin: Kitty Solaris begrüßt Freunde, Neugierige und Stammgäste, die sich in kleinen Gruppen gegenseitig wärmen. Auf der Bühne kämpft ein junger Berliner namens QuercusRenatus gegen das Prinzip Hookline und ein lockeres Mikrofon, das sich immer kurz vor dem Refrain vom Sänger abwendet. Die erwähnte Entdeckung des Abends ist allerdings das Duo Munck//Johnson aus Kopenhagen, deren Sängerin Camilla Munck zur akustischen Gitarre ihres bärtigen Partners derart ergreifende Songs vorträgt, dass die dicke Lage Neuschnee vor der Tür sofort zu schmelzen beginnt. Das Imperium der Kitty Solaris mag langsam und leise wachsen – aber es wächst. LORRAINE HEIST

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen