: Am besten bleibt ihr einfach weg
VON INES KAPPERT
Behörden sind sensibel. Nicht gegenüber den AntragsstellerInnen, für die sie gegründet wurden, klar, aber trotzdem sensibel. Man kann nicht „alles“ mit ihnen machen. Jetzt hat die Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge wegen zu großer Nachfrage geschlossen. Vielleicht ist sie am Montag wieder offen.
Zu viele Menschen, erklärte Sozialsenator Mario Czaja (SPD), nähmen dieser Tage ihr Recht in Anspruch, um einen Aufenthaltstitel in Deutschland zu ersuchen. Sie haben dafür nicht nur ihr Leben riskiert, sie stehen nun auch noch täglich im gemütlichen Berlin vor dem zuständigen Amt Schlange. Klarer Fall, die Behörde macht dicht. Das ist zu viel Druck. Das geht nicht.
Die armen Behörden
Das liberale Berlin wird dieser Tage zum Symbol für eine Verwaltung, die nichts kann, außer sich selbst zu verwalten, und dieses Selbstverständnis brutal gegenüber Menschen ohne Lobby durchsetzt. Entsprechend bringen Innensenator Frank Henkel (CDU) und Sozialminister Czaja (SPD) andere Optionen ins Spiel: Flüchtlinge, springt vom Dach (nicht gut), verhungert (auch nicht gut): Aber in jedem Fall, lassen „wir“ uns nicht erpressen von Menschenrechten. Am besten, ihr geht in andere Bundesländer (die sich auch nicht erpressen lassen). Oder zurück ins Mittelmeer. Hauptsache, ihr seid aus Berlin weg.
Dieser bis vor Kurzem unvorstellbare Zynismus und Rechtsbruch findet mit der Schließung der Erstaufnahmestelle einen weiteren Höhepunkt. Die Asylsuchenden stehen nun bis auf Weiteres allein da. Sollen die „Unterstützer“ sich doch kümmern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen