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„Keine Öffentlichkeit“

FESTIVAL „Balkan Cinema“ widmet sich den Roma und zeigt Filme, die sonst selten eine Chance haben

Marc Millies

■ 38, ist Kulturwissenschaftler. Er koordiniert für den Verein Terra Nostra das Filmfestival „Balkan Cinema“.

taz: Von Roma ist derzeit meist im Zusammenhang mit Abschiebung und Bleiberecht die Rede. Spielt das auch auf dem Balkan-Filmfestival eine Rolle, Herr Millies?

Marc Millies: Insofern, als es auch die Realität der Roma in Bremen ist. Das Schlüsselthema des Festivals ist Identität und Identitätsfindung. So ist unter anderem der Dokumentarfilm „Willkommen Zuhause“ zu sehen, bei dem es um Jugendliche geht, die in Deutschland gelebt haben und jetzt nach ihrer Abschiebung im Kosovo leben müssen. In dem italienischen Dokumentarfilm „Me, my gipsy Family & Woddy Allen“ etwa geht es dagegen um die Frage: Wer bin ich, woher komme ich?

Im Rahmenprogramm drehen jugendliche Roma aber auch selbst Filme …

Bei dem mehrtägigen Workshop „One Minute jr Bremen“ in Vegesack drehen sie Kurzfilme und nehmen es damit einmal selbst in die Hand, ein Bild von sich, ihrem Leben und damit auch von der Stadt zu zeigen. Ausgewählte Videos sind dann am 27. April auch im Kino zu sehen. Das ist ein Weg, die falschen Fremdzuschreibungen der Roma durch eine Eigendarstellung zu verändern.

Hätten die gezeigten Filme im deutschen Kino sonst eine Chance?

Im Prinzip nicht. „Liberté“ von Tony Gatlif, der letztes Jahr zu sehen war, hat immer noch keinen Verleih. Das Thema wird nach wie vor als Nische betrachtet.

Der Eröffnungsfilm „Belgrad Radio Taxi“ läuft doch aber im Sommer in den Kinos …

Er steigt nicht direkt in die Thematik ein. Und darin kommen die Roma nur eine Minute lang vor. Er ist ein Spiegelbild dafür, dass das Thema immer noch keine Öffentlichkeit hat. INT.: JAN ZIER

Bis 25. Mai im Cinema (Ostertor). Mehr Infos: www.balkancinema.de

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