: Ritt durch die Zeiten
EINRICHTUNG In den Werken des Künstlers Julian Göthe macht Darth Vader auf eine intelligente Art gemeinsame Sache mit der Kunstgeschichte. Zu sehen ist das in der Kestnergesellschaft in Hannover
Auch Darth Vader braucht mal Urlaub. Man stelle sich vor, der Mann mit der schwarzen Plastikhaube unterbricht den „Krieg der Sterne“ für eine Auszeit in seinem Rokokoschloss auf dem Planeten Erde. Das Schloss haben die Menschen im 18. Jahrhundert gebaut, aber die Einrichtungsgegenstände hat Darth Vader gemacht. Hergenommen hat er Holz und schwarzen Lack und inspirieren hat er sich lassen von den verspielten Rokoko-Formen außen rum.
Dann hat Darth Vader den Berliner Künstler Julian Göthe eingeladen. Der hat die Darth-Vader-Rokoko-Inneneinrichtung sofort gemocht. Hat die stehlampenartigen Skulpturen geklaut und sie der hannoverschen Kestnergesellschaft als Ausstellungsexponate überlassen. Ihr Name: „Verrat“. Zu sehen derzeit in der Göthe-Ausstellung „The Shadows Took Shape“.
Neben Darth Vaders Inneneinrichtung gibt es in dieser Ausstellung ein dreibeiniges Wesen aus Metall und Straußenfedern und eine Serie von Zeichnungen, die das Alphabet durchdeklinieren und damit eine subjektive Agenda zum Ausdruck bringen. Pro Buchstabe gibt es ein Wort und eine Zeichnung. „A“ zum Beispiel steht für „anything“. Und „D“ für „dirty old man“.
Außerdem gibt es einen Film, der aus einer einzigen Kamerafahrt durch gezeichnete Fantasiegemäuer besteht, die aus einer Graphic Novel stammen könnten. Und es gibt Collagen aus Zeichnungen und Fotos und Wandinstallationen aus schwarzen Schnüren.
Menschen, die Kunstgeschichte studiert haben, können bei dieser Ausstellung aus dem Vollen schöpfen. Das Begleitheftchen zum Beispiel entdeckt unter anderem „Bezüge zum körperhaften, vom Surrealismus geprägten Stilnovo Möbeldesign im Italien der 1950er Jahre“. Diese Bezüge würden mit der „schematisch angelegten minimalistischen Kunst der 1960er Jahre verschränkt“. Und so weiter.
Jenseits der Kunstgeschichte ist Göthes Kunst interessant, weil sie beim Ritt durch die Zeiten eine eigene Atmosphäre entwickelt. Die Werke lösen Assoziationen aus, die von sakralem Wandschmuck bis zum Comic reichen. Trotz der Vielfalt der Assoziationen haben Göthes Werke einen gemeinsamen Nenner. Der ist ziemlich kühl. Aber dass es ihn gibt, ist faszinierend. KLAUS IRLER
bis 8. Mai, Kestnergesellschaft Hannover
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