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VATERSCHAFTSKLAGEN WERDEN JEDERZEIT MÖGLICHEhrlichkeit auf dem Rücken der Kinder

Was tue ich meinem Kind an? Diese Frage müssen sich in Zukunft Männer stellen, die nicht wissen, ob sie die biologischen Väter ihrer Kinder sind. Ein heimlicher Test war bisher die elegante Lösung, den Familienfrieden zu wahren – vor allem, wenn sich die Zweifel schließlich als unbegründet herausstellten. Nun bietet Justizministerin Zypries ein offenes Verfahren, das nicht wie bisher gleich die rechtliche Vaterschaft mit allen Konsequenzen beendet, sondern erst einmal der Klärung dienen soll. Aber die Zweifel sind dann allen Beteiligten bekannt – und das kann Stress bedeuten, vor allem auch für das Kind.

Auch die zweite Neuregelung ist janusköpfig: Die Anfechtung der Vaterschaft war bisher nur zwei Jahre lang möglich. Das sollte dem Schutz des Kindes und seines Unterhalts dienen. Nun ist es zwar einerseits gut, dass der Staat dem Mann die Möglichkeit gibt, seine Vaterschaft beliebig lange anzufechten. Doch die Einschränkung, das Kind dürfe darunter nicht leiden, ist unrealistisch. Wie, bitte schön, soll das gehen?

Zypries stärkt mit ihrem Vorschlag zum einen Recht und Verantwortung der Väter. Der Neuentwurf gibt auch den Müttern ihre Verantwortung zurück, die der Staat ihnen für den lieben Familienfrieden abgenommen hatte: Auch Frauen müssen die Konsequenzen ihres Nachtlebens tragen. Das alles ist zu begrüßen. Andererseits setzt der Gesetzgeber eine Grenze für die Vaterschaftsanfechtung: Das Wohl des Kindes darf nicht gefährdet werden. Aber wer kann wissen, wie ein Kind auf die Eröffnung reagieren wird, sein Vater sei nicht der „echte“ Vater oder habe zumindest starke Zweifel daran? Wie können Väter das einschätzen, zumal von dieser Frage für sie unter Umständen tausende Euro an Unterhaltszahlungen abhängen?

Das soll ein Familiengericht klären, meint Zypries. Die RichterInnen, die das zu entscheiden haben, können einem leidtun. Und schon jetzt gibt es zum Beispiel im Umgangsrecht immer wieder extrem mütter- oder extrem väterfreundliche Urteile. Das Kindeswohl wird dabei oft genug nach Gusto interpretiert. Auch wenn sie es nicht will: Die neue Regelung wird diese Kämpfe auf dem Rücken der Kinder verstärken. HEIDE OESTREICH

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