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„Eine Art Performance“

WELTAG DER SUIZIDPRÄVENTION Die Mood-Tour gegen das Stigma der Depression macht Station in Bremen

Sebastian Burger

■ 34, ist Bremer Künstler und Initiator der „Mood-Tour“, bei der in 100 Tagen 7.000 Kilometer auf dem Tandem zurücklegt werden.

taz: Herr Burger, warum nutzt eine PR-Aktion mit Radtour auf dem Tandem etwas im Kampf gegen Depression?

Sebastian Burger: Weil es sich hier um Gesundheitsmarketing handelt. Wir sind oberflächliche Sensibilisierer, wenn es um Themen wie Depression und Suizid geht. Das ist kein sexy Thema, aber es ist möglich, das auch positiv und ermutigend aufzugreifen und nicht immer nur mit Tod und Elend in Verbindung zu bringen. Wir wollen die Leute schrittweise herausziehen, das ganze soll Vorbildcharakter haben. Die Botschaft ist: Man muss sich nicht von der Depression kontrollieren lassen – sondern es kann auch umgekehrt sein.

Wie kamen Sie auf das Thema?

Ich hatte selbst 2007 einen Winterblues, im Grunde eine Krise, wie sie jeder kennt. Aber das war mein erster Kontakt mit dem Thema „seelisches Ungleichgewicht“ und für mich sehr beeindruckend. Und der Dreiklang aus Sport, Struktur und Natur, wie es ihn auch auf der Mood-Tour gibt, hat mir da sehr gut getan.

In Bremen kennt man Sie noch als Fotograf. Gibt es eine Verbindung zwischen Ihrer Arbeit als Künstler und dem Gesundheitsmarketing?

Schon. Ich bin ein Projektemacher und sehe das hier als eine Art Performance an. Ich inszeniere uns TeilnehmerInnen und nutze dabei die Ästhetik des Unterwegsseins und die Exotik, die dem anhaftet – um das Interesse der Medien zu erhaschen. Aber natürlich ist das ein anderer Schnack als wenn man konzeptuelle Fotografie an der Hochschule für Künste macht.

Wie sind Ihre Erfahrungen der letzten 90 Tage und 5.815 Kilometer?

Ich stoße schon immer mal an meine Grenzen. Auf der ersten Mood-Tour – 2012 war das – hatten wir einfachere TeilnehmerInnen. Für die nächste Tour 2016 brauche ich noch mehr personelle Unterstützung, das Projekt soll ja wachsen. Die Arbeit mit den Medien klappt sehr gut, nur mit dem Wetter war es ab und zu schwierig.

Und sehen Sie Fortschritte auf dem Weg der Entstigmatisierung der Depression?

Natürlich ist das ein extrem dickes Brett, was hier gebohrt werden muss, und da ist die Mood-Tour einerseits Pionierarbeit und andererseits ein Tropfen auf den heißen Stein. Es gibt ja wenig Kampagnen, die positiv an das Thema herangehen. Ich würde mir wünschen, dass es Kampagnen, wie es sie zum Thema AIDS gibt, auch zum Thema Depression und andere psychische Erkrankungen gibt.

INTERVIEW: JAN ZIER

13.30 Uhr, Marktplatz

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