: Ein windelweicher Konsens zu Darfur
Der UNO-Menschenrechtsrat beschließt eine Resolution zur Lage in der westsudanesischen Provinz, in der die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen nicht genannt werden. Nach der Reform des Gremiums drohen weitere Blockademehrheiten
AUS GENF ANDREAS ZUMACH
Der UNO-Menschenrechtsrat in Genf hat am Freitag in einer Konsensresolution seine „tiefe Besorgnis“ über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in der westsudanesischen Provinz Darfur zum Ausdruck gebracht. Eine Mehrheit afrikanischer, asiatischer und islamischer Staaten unter den 47 Ratsmitgliedern verhinderte jedoch, dass die Verantwortung der sudanesischen Regierung, ihrer Armee und der mit ihr verbündeten Reitermilizen für diese Verstöße benannt wurde. Dies hatte die westliche Ländergruppe (die Schweiz, Kanada und fünf EU-Staaten) zunächst verlangt.
Damit blieb die erst nach dreiwöchigen, intensiven Verhandlungen vereinbarte Konsensresolution deutlich zurück hinter dem Anfang März vorgelegten Bericht einer Erkundungsmission, die der Menschenrechtsrat Mitte Dezember letzten Jahres nach Darfur entsandt hatte. Die Mission unter Leitung der Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams musste sich auf Befragungen sudanesischen Flüchtlinge im Tschad beschränken, da ihr die Regierung im Khartum die Einreisevisa nach Darfur verweigert hatte.
Mit der Begründung, die Erkundungsmission sei gar nicht „vor Ort“ gewesen, hatte eine Mehrheit im Menschenrechtsrat zunächst versucht, den Bericht für null und nichtig zu erklären und jede weitere Behandlung des Themas Darfur zu verhindern. Dass dieses nicht gelang und dass der Bericht mit der gestrigen Resolution vom Rat wenigstens „zur Kenntnis“ genommen wurde, verbuchten führende EU-Diplomaten bereits als „Erfolg“.
Als weiteren Erfolg bewertete Michael Steiner, der UNO-Botschafter Deutschlands, die vom Rat beschlossene Einsetzung einer neuen Expertengruppe zu Darfur. Die Gruppe besteht aus dem für Sudan zuständigen Sonderbotschafter des Menschenrechtsrats sowie sechs weiteren Sonderberichterstattern des Rats und des UNO-Generalsekretärs. Grundlage für die Arbeit der Gruppe sind die rund 115 Untersuchungen, Berichte und Empfehlungen, die in den letzten drei Jahren im Rahmen der UNO zur Menschenrechtslage in Darfur und ihrer Verbesserung verfasst wurden. Die Expertengruppe soll diese 115 Dokumente bis zur nächsten Sitzung des Rats Anfang Juni durchforsten und überprüfen, welche Empfehlungen bereits umgesetzt wurden, und für die „weitere Umsetzung dieser Empfehlungen sorgen“.
UNO-Beobachter empfinden es als bittere Ironie, dass die beim Thema Darfur aufgetretene Blockademehrheit von bis zu 27 der 47 Ratsmitglieder erst in Folge der Reform entstanden ist, mit der die wegen ihrer „Ineffektivität“ und „Unglaubwürdigkeit“ in Verruf geratene frühere Menschenrechtskommission im Mai 2006 durch den Menschenrechtsrat ersetzt wurde. Für diesen im Herbst 2005 von der UNO-Generalversammlung beschlossenen Reformschritt hatten sich die EU-Staaten und die Schweiz besonders stark gemacht. Und dies, obwohl führende UNO-Diplomaten Deutschlands und anderer EU-Staaten ihre Regierungen damals vor der Gefahr der neuen Blockademehrheiten gewarnt hatten.
Auf seiner Junisitzung muss der Menschenrechtsrat auch über seine künftige Arbeitsweise die Mitwirkungsrechte von regierungsunabhängigen Menschenrechtsorganisationen entscheiden. Bei den bisherigen Debatten zu diesen Fragen bemühte sich eine ähnliche Blockademehrheit wie beim Thema Darfur darum, die Handlungsmöglichkeiten des Rats und die Mitwirkungsrechte von Nichtregierungsorganisationen im Vergleich zur früheren Menschenrechtskommission eher einzuschränken als auszubauen.
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