: berliner szenen Heidi Klums Brüste
Gefahr im Verzug
Wahrscheinlich bin ich nicht der Einzige, der sich über die Brüste von Heidi Klum Gedanken macht. Es ist zurzeit unmöglich, sie zu ignorieren. Sie sind einfach überall: An Bushaltestellen, an Tramhaltestellen, an Litfaßsäulen, auf Plakatwänden, in der U- und in der S-Bahn. Ihr Oberteil als offenherzig zu bezeichnen, wäre untertrieben. Es gibt wirklich eine ganze Menge Haut zu sehen.
Ihre Brustwarzen bleiben auf den Plakaten allerdings ein gut gehütetes Geheimnis. Man tappt völlig im Dunkeln, wenn man sagen wollte, wo genau sie sich unter ihrem Oberteil befinden.
Ich stehe mit Tobias an einer Bushaltestelle vor einem der Plakate. „Hier“, sagt Tobias und tippt mit dem Zeigefinger auf die beiden Stellen, an denen er Heidis Brustwarzen vermutet. „Nein, das ist viel zu hoch“, sage ich. Und zeige auf die Stellen, die ich für wahrscheinlicher halte. „Oder dort“, sagt Tobias. „Dann eher da.“
Eine Frau, die mit uns auf den Bus wartet, beobachtet uns. Sie sieht aus, als wolle sie gleich die Polizei rufen. Kann man eine Anzeige wegen unsittlichen Verhaltens bekommen, weil man an einer Bushaltestelle an Heidi Klums Brüsten rumfummelt? Leugnen wäre jedenfalls zwecklos, wir haben zu viele Fingerabdrücke hinterlassen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich schon die Schlagzeile in der Bild-Zeitung: Busengrabscher von der Bushaltestelle vor Gericht. Alte Freunde beginnen, uns zu meiden, Johanna wird mich verlassen.
„Lass uns verschwinden“, flüstere ich Tobias ins Ohr. „Warum?“, fragt er verwundert. Er ist noch immer mit der Untersuchung von Heidis Dekolleté beschäftigt. „Diese Brüste sind verdammt gefährlich“, sage ich und ziehe ihn am Arm über die Straße.
DANIEL KLAUS
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