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Zwiespalt auf dem Platz

Bei Werder Bremen ist die Stimmung mies: Kloses Torflaute, Verletzungssorgen, Wechselgerüchte. Heute empfängt der Bundesliga-Zweite im Uefa-Cup-Viertelfinale den AZ Alkmaar (20.45 Uhr, Sat.1)

AUS BREMEN FRANK HELLMANN

Immerhin Autogramme schreibt Miroslav Klose noch mit einer Engelsgeduld. Fast 500 Zuschauer besuchen in den Osterferien das Training von Werder Bremen. Kloses Torkrise hin oder her – eine Unterschrift des WM-Torschützenkönigs ist immer noch viel wert. Also kritzelt Klose seinen Namen auf Bilder, Poster, Plakate, Fahnen, T-Shirts, ja sogar auf nackte Haut. Manch einer mutmaßt vor dem Uefa-Cup-Viertelfinale gegen den AZ Alkmaar, das sei anstrengender gewesen als die Übungseinheiten selbst. Thomas Schaaf hat die Belastung extrem gedrosselt. Kaum mehr als eine Stunde beschäftigt der Trainer seine Spieler.

Immerhin ist dabei zu erkennen, dass Tim Borowski genesen und tatendurstig ist, während Nationalmannschaftskollege Klose auch im Trainingsspiel nicht trifft. Wie der 28-Jährige sich selbst hier vergeblich um ein Tor müht, produziert ein bedauernswertes Raunen am Eisenzaun. Es liegt eine merkwürdig gedrückte Atmosphäre über dem Areal am Osterdeich. Werder Bremen hat derzeit so viele Mitglieder wie nie zuvor in seiner Geschichte. Aber es ist eine Mannschaft, die überspielt und ausgelaugt wirkt; ein Team, in dem es irgendwie nicht mehr zu stimmen scheint, ein Kader, der die vielen Verletzten kaum noch kompensieren kann. Gut, Borowski und Frank Baumann kehren zurück, doch bis beide ihre alte Klasse wiedergewinnen, könnte die Saison vorbei sein. Zu Ausfällen wie Ivan Klasnic, Pierre Womé oder Daniel Jensen hat sich jetzt noch Per Mertesacker gesellt – der 22-Jährige ist vorgestern am Meniskus operiert worden. Ihn wird der Finne Petri Pasanen in der Abwehrzentrale vertreten. „Per ist Per, und ich bin Petri“, sagt der 26-Jährige lapidar und zerstreut alle Zweifel an seiner Person mit dem Hinweis: „Ich bin seit 15 Jahre Innenverteidiger, ich dürfte schon wissen, wie das geht.“ Aber es dürfte ihm kaum gelingen, so gut zu spielen wie zuletzt Mertesacker.

Auch das sind Krisensymptome in einem Klub, der kurioserweise national wie international prächtige Perspektiven besitzt: Es brechen immer mehr Konstanten weg. Die treuen Fans in der Ostkurve sind sauer, weil sie sich von der Geschäftsführung seit geraumer Zeit gegängelt fühlen – zuletzt gegen den 1. FC Nürnberg verweigerten sie fast eine halbe Stunde lang die Unterstützung. Die nicht minder treuen Dauerkartenbesitzer sind enttäuscht, weil sie jahrelang nur Vorwärtsfußball gesehen haben. Mehrere tausend Stammzuschauer haben ihr Vorkaufsrecht fürs Alkmaar-Spiel nicht wahrgenommen. Dem Publikum ist es ein Rätsel, wie das kombinationsfreudige Ensemble zu einer biederen Elf mutieren konnte, die sich vor einer Woche in Alkmaar mit nur 35 Prozent Ballbesitz und einem gefährlichen 0:0 begnügte.

Die spielerische Armut ist auch das Resultat von Mechanismen, die sich irgendwann verselbständigen mussten. Wenn ausgerechnet die Meinungsmacher Klose und Torsten Frings wochenlang ihre Wechselgelüste ausleben und trotz üppiger Angebote zur Vertragsverlängerung das Bekenntnis zu Bremen vermissen lassen, nervt das die Mitspieler. Und irgendwann wird dieser Zwiespalt auch auf dem Platz sichtbar – etwa in Form fehlender Laufbereitschaft. Sportchef Klaus Allofs ärgert dies ungemein. Nun erneuert der 50-Jährige den Druck auf seine Stars: „Wir müssen schnell Bescheid wissen. Wir müssen eine Mannschaft zusammenstellen. “ Gerade im Falle Frings sind viele enttäuscht. Allofs sagt nur noch: „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir die Abgänge immer verkraftet haben.“

Etwa auch im Meisterjahr 2004 jenen von Ailton. Was für ein Zufall, dass die brasilianische Sturmdiva, bei Grashoppers Zürich gerade gesperrt, über die Ostertage das Weserstadion besuchte. Unter lautstarkem Gegröle platzte der 33-Jährige nach dem Nürnberg-Spiel in die Kabine. Und gab sogleich noch seinem Nachfolger Klose öffentliche Tipps gegen die Erfolglosigkeit. „Bleibe ruhig, trainiere härter, arbeite konzentrierter.“ Ferner hat Ailton – nicht zum ersten Male – allen Ernstes wieder sein Engagement angeboten. „Wenn Werder mich braucht, bin ich da. Aber das müssen Thomas Schaaf und Klaus Allofs entscheiden.“ Die beiden haben über die Offerte nur müde gelächelt. Obwohl Ailton eigentlich Klose gut entlasten könnte. Zumindest beim Autogrammeschreiben nach dem Training.

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