: Neue Aschewolke behindert Luftverkehr
VULKAN Hunderte Flüge in Europa gestrichen, auch Luftraum in Norddeutschland betroffen
VON REINHARD WOLFF
STOCKHOLM/BERLIN taz | Die Vulkanasche des Grímsvötn hat am Dienstag begonnen, den internationalen Flugverkehr spürbar zu stören. In einer Zone von Südnorwegen über das nordwestliche Dänemark bis nach Schottland und Nordirland mussten auf verschiedenen Flughäfen alle Starts und Landungen eingestellt werden. Nach Prognosen der Wetterdienste sollte der Kernbereich der Aschewolke in der Nacht zum Mittwoch auch den Luftraum über der deutschen Nordseeküste sowie Südschweden, ganz Dänemark und den Süden Großbritanniens erreichen. Was für den Fall, dass die Aschekonzentration hierbei die kritische Marke von 2 Milligramm je Kubikmeter Luft übersteigen sollte, Flugausfälle zur Folge haben würde. Der Deutsche Wetterdienst rechnet mit Flugverboten in Norddeutschland. Gesperrt werden soll einem Bericht zufolge voraussichtlich der Luftraum über den Flughäfen von Hamburg und Berlin.
Die europäische Flugsicherheitsbehörde Eurocontrol rechnete für Dienstag mit 500 Flugausfällen. Die meisten davon über britischem Luftraum. Prominente „Opfer“ der Grímsvötn-Asche wurden Barack und Michelle Obama, die nach ihrem Irland-Besuch statt wie geplant in Dublin in der US-Botschaft in London übernachteten. Und die Fußballmannschaft des FC Barcelona wollte einem Vereinssprecher zufolge schon am Dienstagabend nach London zum Finale der Champions League gegen Manchester United am Donnerstag anreisen. Im vergangenen Jahr war die Elf von der Vulkanasche des Eyjafjallajökull erwischt worden und hatte mit dem Bus zum Halbfinale der Champions League nach Mailand fahren müssen.
Aufgrund der Erfahrungen mit dem damaligen Chaos wurden im Flugverkehr zwischenzeitlich je nach Aschekonzentration unterschiedliche Zonen festgelegt. Erst bei mehr als 2 Milligramm Aschebelastung müssen alle Maschinen auf dem Boden bleiben – es sei denn, die Hersteller würden trotzdem grünes Licht geben. Während bei niedrigerer Konzentration die nationalen Luftsicherheitsbehörden auf Antrag Fluggenehmigungen erteilen können. Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair protestierte gegen die von ihr als „bürokratische Inkompetenz“ kritisierte Entscheidung, Flüge zu schottischen Destinationen zu sperren. Nach eigenen Angaben hatte man am Dienstag einen 90-minütigen Testflug durch den gesperrten Luftraum zwischen Glasgow, Inverness und Aberdeen durchgeführt, ohne dabei auf irgendwelche Spuren von Vulkanasche zu stoßen. Die britische Flugsicherheitsbehörde CAA teilte laut BBC mit, tatsächlich habe das Ryanair-Flugzeug zu keinem Zeitpunkt die „rote Zone“ mit zu hoher Aschekonzentration durchflogen.
Obwohl der Grímsvötn-Ausbruch als zehnmal kräftiger eingeschätzt wird als der des Eyjafjallajökull vor 14 Monaten, werden die Auswirkungen auch auf Island selbst bislang als deutlich geringer eingeschätzt. Augenzeugen berichten von einer kompakten Dunkelheit über dem südöstlichen Island, doch lasse sich mit dieser feinen Pulverasche aus Basalt besser leben als seinerzeit mit dem scharfkantig-kristallinen Gestein aus dem Krater des Eyjafjallajökull.
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