: Auf der Arbeit öfter mal abschalten
RESSOURCEN Nachhaltigkeit wird in Deutschlands Büros zum Thema. Das ist überfällig. Vor allem beim Verbrauch von Papier und Strom gibt es enormes Sparpotenzial. Unternehmen, die sich effizient organisieren, können davon auch finanziell profitieren
VON KRISTINA SIMONS
Wenn die Mitarbeiter der BKK advita nur mal eben zu einem Geschäftspartner im Ort fahren oder in der Mittagspause schnell was erledigen müssen, nehmen sie gerne das diensteigene Fahrrad. „Das stellen wir montags zusammen mit Helm, Schloss und Schlüssel ins Treppenhaus und wer es nutzen will, nimmt es sich einfach“, erklärt Tobias Palm, Umweltmanager der seit 2010 umweltzertifizierten gesetzlichen Krankenkasse. Eine gesunde Umwelt stehe in direktem Zusammenhang zur Gesundheit der Menschen. „Deshalb haben wir unser Unternehmen konsequent auf Nachhaltigkeit getrimmt und formulieren jedes Jahr verbindliche Umweltziele.“ Papier – ausschließlich recyceltes mit dem Blauen Engel – wird doppelseitig bedruckt und maßvoll verwendet. Der Verbrauch sei bereits um 15 Prozent gesunken. „Wir haben komplett umgestellt und nutzen zum Beispiel auch für Umschläge und Broschüren ausschließlich Ökopapier“, sagt Palm. Bei Werbedruckerzeugnissen habe die BKK advita 2013 über 500 Kilogramm CO2 durch die Förderung von Klimaprojekten kompensiert. „Wir arbeiten mit einer Umweltdruckerei zusammen, die solche Kompensationen anbietet.“ Sämtliche elektronischen Bürogeräte haben das Energieeffizienz-Siegel „Energy Star“. „Allein von 2011 auf 2012 konnten wir unseren Stromverbrauch um knapp elf Prozent verringern.“ Bezogen wird ausschließlich Ökostrom und -gas von Greenpeace Energy.
Die Mitarbeiter bekommen Zuschüsse für ÖPNV-Tickets, für Dienstreisen nehmen sie fast immer die Bahn. Und lässt sich eine Fahrt mit einem der zwei Dienstwagen doch mal nicht vermeiden, gleicht die BKK den CO2-Ausstoß über Umweltzertifikate aus. Brotdosen für die Mitarbeiter machen Alu- oder Frischhaltefolie ums Pausenbrot überflüssig und reduzieren die Abfallmengen. Der Müll wird selbstverständlich getrennt. „Viele dieser Ideen stammen von den Mitarbeitern selbst, wir mussten sie also gar nicht großartig von der Umstellung auf einen ‚grünen‘ Arbeitsplatz überzeugen.“ Das Nachhaltigkeitskonzept gelte dabei nicht nur intern. „Wir achten sehr darauf, dass auch unsere Geschäftspartner auf Umwelt- und Klimaschutz achten“, betont Palm. Das betreffe die schon erwähnte Druckerei ebenso wie den Versandhandel oder auch den Getränke- und den Obstlieferanten.
Umweltschutz im Büro fängt bereits mit kleinen Änderungen an: den Computer schon bei Arbeitspausen von 15 Minuten in den Energiesparmodus versetzen und ihn bei längeren Pausen ganz ausschalten. Auf stromschluckende Bildschirmschoner verzichten und nicht jede E-Mail ausdrucken. Laut Bundesdeutschem Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management e. V. (B.A.U.M.) arbeiten in Deutschland rund 17 Millionen Menschen in einem Büro. „Da kommt einiges zusammen, auch wenn der Beitrag des Einzelnen gering erscheinen mag“, sagt B.A.U.M.-Vorstandsmitglied Dieter Brübach. Das Potenzial ist groß: Zum Beispiel werden in Deutschlands Büros jedes Jahr schätzungsweise 800.000 Tonnen Papier gebraucht. Dabei beläuft sich der Anteil von Recyclingpapier hier gerade mal auf 13 Prozent. Hinzu kommen jährlich etwa 55 Millionen Tonerpatronen und 8 Millionen Tonerkartuschen. Bereits drei Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland gehen allein auf das Konto von IT-Bürogeräten. Energieeffiziente Geräte reduzieren nicht nur den Stromverbrauch, sondern verursachen dadurch auch weniger klimaschädliche Emissionen: Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) stößt zum Beispiel ein effizientes Multifunktionsgerät beim Drucken von 1.000 Seiten nur halb so viele Treibhausgase aus wie ein konventionelles Gerät.
Um zu zeigen, wie wichtig – und wie einfach – ressourcen- und umweltschonendes Verhalten im Büroalltag und bei der Beschaffung von Büroartikeln ist, zeichnet der B.A.U.M. e.V. seit 2008 jährlich die umweltfreundlichsten Büros aus. Die Preisträger des Wettbewerbs „Büro & Umwelt“ haben zum Beispiel sämtliche Arbeitsplätze mit besonders energieeffizienten Rechnern, Monitoren und Druckern ausgestattet, versenden Briefe und Pakete klimaneutral, sie analysieren regelmäßig die Abfallmengen und suchen nach Möglichkeiten, sie noch weiter zu reduzieren. Sie regeln die Lichtintensität in Großraumbüros abhängig von Tageszeit und Anzahl der Anwesenden und legen beim Kauf von Büromaterial und Hygieneartikeln Wert auf schadstoffarme und wassersparende Produkte. Oder sie kaufen Büromöbel ohne Verpackungsmaterial und verwenden für Notizen polierte Notizsteine statt Papier. Sie lassen ihre Mitarbeiter zu Nachhaltigkeitsberatern schulen, die ihr Wissen den anderen weitergeben.
Wer sein Büro auf besonders innovative und modellhafte Art auf „grün“ umstellt, kann auch bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) Fördermittel beantragen – und zwar seit Mitte dieses Jahres online und damit papierlos. Eine digitale Projektakte und ein elektronisches Dokumenten-Managementsystem machen es möglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen