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vorrangprüfungenBremer Hüftschwung

Innenbehörden sind selten ein Hort der Humanität, da macht das Bremer Amt keine Ausnahme. Schon im Fall Murat Kurnaz hat es bewiesen, dass ihm darüber hinaus politisches Geschick oder wenigstens ein Gespür für Formulierungen abgeht.

KOMMENTAR VON HENNING BLEYL

Das Ansinnen von Sinti und Roma, ähnlich wie jüdische Einwanderer ohne „Vorrangprüfung“ Arbeit suchen zu dürfen, als „willkürlich und abwegig“ zu bezeichnen, ist der Hüftschwung eines Elefanten im Porzellanladen. Offenbar gilt: Wenn eine Anerkennung als verfolgte Gruppe arbeitsmarktrelevant wird, sind die Gedenkstein-Reden schnell vergessen.

Es war noch nie eine gute Idee, den Status von Opfern hierarchisieren zu wollen – weder im Historikerstreit der achtziger Jahre noch in den Behördenhirnen der Gegenwart. Muss man wirklich erst darauf verweisen, dass die Angehörigen der Sinti und Roma in den selben Vernichtungslagern umgebracht wurden wie ihre jüdischen und zahleichen sonstigen Leidensgenossen – um einen normalen Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten? In Bremen schon. Die Behörde wird sich erst von den jetzt angerufenen Gerichten zu einer eigentlich selbstverständlichen Praxis verdonnern lassen. Und die arbeitsmarktpolitische Diskriminierung von Asylbewerbern und Nicht-EU-Ausländern wird auch danach noch fortbestehen.

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