heute in bremen: „Schlechtes Gewissen? Das ist vorbei“
Bremens einzige integrative Kinderkrippe wird 35
taz: Frau Wieting, Sie haben vor 35 Jahren eine Krippe für Unter-Dreijährige gegründet. Waren Sie die erste?
Burgel Wieting, Leiterin der „Kinderoase“: Es gab noch eine der AWO, aber wir waren anders.
Inwiefern?
Wir waren sehr offen, haben die Eltern von Anfang an mit einbezogen. Es sind nämlich nie die Kinder, die sich eingewöhnen müssen, sondern die Erwachsenen. Denen fielen oft Zentnerbrocken vom Herzen, wenn sie merkten, dass ihre Kinder sich in der Krippe wohlfühlen.
Haben die Eltern heute noch ein schlechtes Gewissen?
Nein, das hat sich sehr verändert. Die jungen Familien wünschen sich Erziehungsbegleiter, sie sind oft unsicher, was das Richtige ist.
Woran liegt das?
Ich vermute, dass sie höhere Ansprüche an sich stellen als früher. Paare überlegen ja oft sehr lange, ob sie Kinder bekommen oder nicht. Bei uns bekommen sie oft den Mut, noch ein ein zweites oder drittes Kind zu bekommen.
Sie bekommen 300 Anfragen im Jahr – bei 22 Plätzen. Wie ist es, absagen zu müssen?
Furchtbar. Deshalb hoffe ich auch sehr, dass mit Frau von der Leyen endlich mehr Betreuungsplätze geschaffen werden. Allerdings habe ich große Sorge, dass die Qualität leidet, wenn nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt wird.
Haben Sie die Krippe aus eigener Betroffenheit gegründet?
Nein, meine Kinder habe ich erst später bekommen. Ich war erst 22 und hatte einfach sehr idealistische Vorstellungen. Ich wusste, dass es eine große Lücke gab und die wollte ich schließen.
Wohnen die Kinder eigentlich alle in Schwachhausen?
Kein einziges. Die kamen immer aus der ganzen Stadt und aus allen Schichten. Ich hoffe, dass viele Ehemalige heute kommen.
Interview: Eiken Bruhn
Wiedersehensfest der Kinderoase: 14 bis 18 Uhr, Clausewitzstraße 10.
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