BEI DEN REGIONALWAHLEN IN RUSSLAND BAUT PUTIN SEINE MACHTBASIS AUS: Lupenrein gelenkte Demokratie
Wladimir Putin kann sich beglückwünschen: In 13 von 14 Regionen, in denen die Wähler am Sonntag abstimmen durften, hat seine Partei „Geeintes Russland“ richtig abgeräumt. Auch die Partei-Neugründung „Gerechtes Russland“, die stramm zum Kreml hält, sich aber einen sozialen Anstrich gibt, hat ihre Aufgabe erfüllt: Sie war und ist einzig dazu gedacht, den Kommunisten Stimmen abzujagen.
Es hätte eines Verbots für die Opposition, bei diesen Wahlen anzutreten, also eigentlich gar nicht bedurft: In den meisten Fällen hätten die wenigen versprengten Regimegegner die kürzlich eingeführte Siebenprozenthürde wohl ohnehin nicht übersprungen. Die Mehrheit der Russen hat sich mit Putins autoritärem Staat offenbar arrangiert.
So bilden jetzt ausgerechnet die Kommunisten, die wieder in allen Regionalparlamenten vertreten sind, die Opposition. Das dürfte sich zwar, angesichts des hohen Alters vieler ihrer Parteigänger und Anhänger, in absehbarer Zeit von selbst erledigen. Doch die Tatsache, dass nun gerade die Kommunisten als „Opposition“ firmieren werden, macht deutlich, was dieser Terminus nach russischer Lesart bedeutet: Opposition ist nicht der, der eine politische Alternative formuliert oder gar die Regierung kontrolliert. Opposition ist der, der von einer Beteiligung an der Macht im Kreml ausgeschlossen ist.
Dem geräuschlosen Machtwechsel, den sich Putin wünscht, scheint nun nichts mehr im Wege zu stehen. Bei den Ende des Jahres anstehenden Duma-Wahlen werden die Kremlparteien zweifellos wieder triumphieren; und auch die Nachfolge Putins im März 2008 wird im Sinne des jetzigen Amtsinhabers geregelt werden. Dabei kommt es weder auf das politische Programm des Kandidaten noch dessen Bekanntheitsgrad an. Nur darauf, dass in Russland alles unter Kontrolle bleibt.
Fragt sich nur, warum Putin es nicht seinen zentralasiatischen Amtskollegen gleich tut und Wahlen ganz abschafft. Dass sich dann die Wähler nicht mehr am Buffet im Wahllokal preisgünstig satt essen und betrinken könnten, würden sie auch noch verkraften. BARBARA OERTEL
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