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Die Welt an der Hase

ZUSTANDSBESCHREIBUNGEN Erzählen vom Leben in Rio und Timbuktu: Zwei ungewöhnliche Filme sind im Rennen um den Osnabrücker Friedensfilmpreis

Traditionell werden beim Unabhängigen Filmfest Osnabrück gern politische Filme gezeigt, was sich auch in den Wettbewerben zeigt. Zu tun haben mag das mit der Lokalgeschichte: Bekannt ist die Stadt vor allem wegen des Westfälischen Friedens von 1648. Und so wird in Osnabrück alljährlich ein Friedensfilmpreis verliehen, dazu ein „Filmpreis für Kinderrechte“, über den eine fünfköpfige Schülerjury entscheidet.

Für beide Preise nominiert ist der brasilianische Zeichentrickfilm „Der Junge und die Welt“ (Sa, 13 Uhr, Lagerhalle). Der Animationsfilmer Alé Abreu arbeitet hier nicht nur mit einem äußerst sparsamen Strich, er verzichtet zudem ganz auf Dialoge. Gezeigt wird hier die Welt mit dem Blick eines kleinen Jungen, der unbesorgt träumt und überhaupt alles zum allerersten Mal zu sehen scheint. Er lebt im ländlichen Brasilien, der Vater muss die Familie verlassen, um Arbeit zu finden.

Als der namenlos bleibende Junge sich auf die Suche begibt, findet er sich bald in einem Land wieder, das vor seinen Augen immer zerstörerischer und enger wird. Wo anfangs die Bauern Baumwolle ernten und Arbeiter sie zu Stoffen weben, übernehmen dies bald Maschinen. Der Junge erlebt, wie arm und haltlos die Menschen dadurch werden. Aber bis zuletzt behält er seinen vertrauensvollen, poetischen Blick und so hält der Film immer eine feine Balance zwischen pessimistischer Zustandsbeschreibung des modernen Brasilien – auch die Fußballbegeisterung wird kritisch gesehen – und der lebensfrohen, nur scheinbar naiven Perspektive des Jungen.

Fußball ist verboten

Leider sehr aktuell ist der Spielfilm „Timbuktu“ (Fr, 17.30 Uhr, Filmtheater Hasetor): In Mali, dem Heimatland von Regisseur Abderrahmane Sissako, herrschten vor wenigen Jahren ähnliche Zustände wie heute in den Gebieten, die der „IS“ einnimmt: Islamische Fundamentalisten beherrschen eine Zeitlang einen Teil des Landes, und Sissakos Film erzählt davon, wie das das Leben in einem Dorf veränderte.

Den dort lebenden Muslimen zwingen die neuen Machthaber extrem strenge Gesetze auf: Die Frauen müssen sich verschleiern, es darf keine Musik gespielt werden – selbst Fußball ist verboten. In einer der schönsten Szenen spielen die Kinder des Dorfes ohne Ball und machen immer dann gymnastische Übungen, wenn die Aufpasser mit ihrem Motorrad kommen. Ein Zitat des Tennisspiels in „Blow Up“ – und poetischer Akt des Widerstands.

Sissako wollte eigentlich eine Dokumentation über die Ausbreitung der Salafisten drehen, doch Aufnahmen von der Steinigung eines angeblich ehebrechenden Paars bewegten ihn so, dass er diesen sehr viel ambitionierteren Spielfilm drehte. In den Kinos startet „Timbuktu“ am 11. Dezember.  HIP

29. Unabhängiges Filmfest Osnabrück: noch bis Sonntag www.filmfest-osnabrueck.de

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