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der wochenendkrimiNichts wie raus

Polizeiruf 110: „Gefährliches Vertrauen“, So., 20.15 Uhr, ARD

Leben und Sterben in Mittwitz: Auf einer Großbaustelle liegt eine tote Journalistin, auf einem Bauernhof feiert eine eher trübe Hochzeitsgesellschaft, in einer Villa motzt ein Politbonze seine Ehefrau an, in ihrem Jugendzimmer hört eine 13-Jährige beim Surfen in ominösen Teen-Portalen die Weltschmerzlieder des Songwriters Damien Rice.

Es dauert ein bisschen, bis der Zuschauer ahnt, was die unterschiedlichen Geschichten miteinander zu tun haben. Sicher, in diesem RBB-„Polizeiruf“ (Regie: Bodo Fürneisen; Buch: Jan Hellstern und Felix Mennen) hat man die menschlichen Schicksale und kriminellen Machenschaften nicht wirklich kunstvoll miteinander verzahnt. Der lakonische Tonfall aber, in dem erzählt wird, wie Kommissarin Herz (Imogen Kogge) und Polizeihauptmeister Krause (Horst Krause) den Fall ermitteln, ist hilfreich, sich einem Thema zu nähern, das im Fernsehkrimi sonst die immer gleiche rachegeifernde Empörung hervorruft: Pädophilie.

Der junge Investor Kotschek (Kai Scheve) hat sich nämlich in einem der noch unbezogenen Neubauten ein Fotostudio eingerichtet, in dem er Minderjährige knipst, die von einer Schauspielerkarriere träumen – so wie die 13-jährige Laura (Isolda Dychauk), die raus will aus der Brandenburger Tristesse. Der schwierige Stoff wird teils gefährlich uneindeutig aufbereitet, den Blick für die Widersprüchlichkeit des Täters schärfend: Der „Kinderfreund“ kümmert sich zu Hause tadellos um die eigenen Sprösslinge, die Annäherung ans Opfer ist schamhaft. Gerade hinter dieser fast sympathischen Tapsigkeit öffnet sich der menschliche Abgrund umso tiefer. Düsteres Mittwitz, unbeschadet kommt hier keiner raus.CHRISTIAN BUSS

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