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Der süße Schwede da

Im Jugendpark campieren 250 Jugendliche aus aller Welt. Sie wollen in erster Linie Leute treffen und Bands hören

Leise, irisch klingende Musik durchzieht das große, blau-gelbe Zirkuszelt im Jugendpark am Rhein. Die Jugendlichen im Zelt hören gar nicht hin. Wild schwatzend warten sie in Schlangen stehend auf das Mittagessen. Mit ihren bunten T-Shirts und den tief hängenden Eastpack-Rucksäcken sehen sie aus, als wären sie gerade aus der Schule gekommen. Rund 250 Teenager aus aller Welt sind in den zwölfeckigen Pfadfinderjurten untergekommen – ein gutes Dutzend pro Zelt.

Die meisten sind schon am Wochenende zum Internationalen Jugendcamp angereist. Jetzt sind sie alle hungrig und freuen sich auf die nächsten Tage. Auf großen Tafeln am Eingang des Hauptzeltes hängen Listen bereit, auf denen sich die Jugendcamp-Teilnehmer für Ausflüge anmelden können. Vom Besuch einer Moschee bis zur Köln-Tour ist alles dabei. Die Angebote kommen offensichtlich gut an. Außer den Leuten im Zirkuszelt ist kaum jemand auf dem Gelände. Dass hier 250 Jugendliche aus mehr als 15 Ländern sind, verraten nur bunte Handtücher auf Wäscheleinen und Fahnen, die auf den knapp 20 schwarzen Schlafzelten liegen.

Zwei junge Tschechinnen mit grünen T-Shirts sind gerade auf dem Weg in die Stadt. Sie sind schon seit Samstag in Köln. „Jetzt gehen wir erstmal shoppen“, sagen sie. Auf dem Kirchentag wollen sie „Leute aus verschiedenen Ländern kennen lernen“, sagen die beiden. Und fügen kichernd hinzu: „Ja, auch über Gott sprechen“. Dann verschwinden sie schon wieder.

Von Gott spricht, zumindest beim Mittagessen, kaum jemand. Das Programm des Kirchentags kennen die meisten noch nicht. Ganz andere Themen sind wichtig: Es geht um die Bands, die später noch spielen, um den süßen Schweden drüben am Tisch, und um den nächste Workshop. Kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, dass das Durchschnittalter bei etwa 17 Jahren liegt.

Dagegen ist Jörn Ruchmann richtig alt. Er hat die 20 schon überschritten. Mit Brille und Hemd sitzt er allein an einem kleinen Tisch am Rand des Zelts und gönnt sich ein Mittagessen. Sein Headset hat er nicht einmal abgelegt. Offiziell ist er hier der Sachbearbeiter, nach eigenen Worten ist er eher Organisationsleiter des Camps. Er wirkt erschöpft, ist aber zufrieden. „Die Leute sind sehr nett hier, wir kriegen nur gutes Feedback“, sagt er und schaut wie ein stolzer Vater zu den Jugendlichen im Zelt.

Hannah Hoffmann

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