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Prinzipiell zwanglos

FESTIVAL Grundlagenarbeit in Sachen Neue Musik: Das Klangwerkstatt-Festival feiert 25-Jähriges

Das Besondere der Klangwerkstatt, man sieht es bereits an so scheinbaren Nebensächlichkeiten wie Kleiderordnungen. Da ist man zwar bei den Festivals für Neue Musik schon ein wenig zwangloser als im sonstigen Klassikbetrieb, wahrt auf der Bühne aber gemeinhin doch das gedeckte Schwarz. Der Neuen Musik ist man auch beim Klangwerkstatt-Festival verpflichtet, beim Eröffnungskonzert zur Feier des 25-Jährigen am Montag in den Sophiensælen präsentierten sich die Musiker aber so im casual wear, als ob damit gleich gezeigt werden sollte, dass man die Neue Musik mit all ihren Anforderungen doch auch mit einem Berliner Laisser-faire spielen können sollte.

Zu diesem unprätentiösen Ansatz gehören weitere Zwanglosigkeiten. Um eine prinzipielle Offenheit geht es hier, um die Unterscheidung zwischen notierter Musik und Improvisation will man sich nicht scheren, auch Kinder sollen sich bei der Klangwerkstatt mit der Neuen Musik auseinandersetzen, durchaus selbst komponierend, wie überhaupt auf dieser Plattform Profis mit Laien zusammenspielen.

Antiautoritärer Gestus

Dieser antiautoritäre Gestus hat natürlich auch was Pädagogisches. Was sich schlicht aus dem Geburtsort der Klangwerkstatt erklärt: gegründet wurde sie 1989 von dem Komponisten Peter Ablinger zusammen mit Schülern und Kollegen an der Musikschule Kreuzberg. Ablinger initiierte auch das aufs Allerengste mit der Klangwerkstatt verbandelte Ensemble Zwischentöne, bei dem Profis mit Laien gemeinsam agieren.

Am Montag in den Sophiensælen spielte es vor allem Stücke von Peter Ablinger, mit denen auch der zeitliche Bogen von der Gründung des Festivals bis heute geschlagen wurde. Was noch mal eine weitere Besonderheit dieses Festivals markierte, denn mit der Klangwerkstatt hat man eine Probebühne für Neue Musik, die neuer kaum sein kann: von den bis dato über tausend aufgeführten Stücken bei dem Festival waren allein 521 Uraufführungen (zu schauen wäre jetzt aber auch, wie viele dieser Werke ein weiteres Mal aufgeführt wurden).

Ein Wiederhören gab es am Montag zum Beispiel mit „Weiß/weißlich“, eine Reflexion Ablingers über John Cages Stille-Stück „4‘33‘‘“, die – präziser – eigentlich gar nicht zu hören war, sondern bestenfalls zu sehen, wie da die Musiker zwischen agitiertem Nichtspielen und einem kaum hörbaren Spiel wechselten. Lange Stille-Zäsuren gliederten auch ein neues Stück von Ablinger, in dem ansonsten fragile Töne gegen bollernde Elektronik gestellt wurden. Von Sven-Åke Johansson gab es eine Meditation über das Wort „Buttermilchwagen“, so in immer neuen Anläufen umspielt, dass man sich den Sisyphos wirklich als einen glücklichen Menschen vorstellen muss. Und mit einem uraufgeführten Werk von Bill Dietz war zu hören, dass man bei der Klangwerkstatt auch recht hemdsärmlig an die Neue Musik geht und nicht vor Albernheiten kneift.

Bis zum 16. November feiert die Klangwerkstatt noch das Fünfundzwanzigjährige, mit weiteren Konzerten in den Sophiensælen und auch im Ballhaus Ost und im Konzertsaal Zellestraße. Auf dem Programm stehen dabei prominente Gäste wie das Sonar Quartett oder der Mouse-on-Mars-Musiker Jan St. Werner, der heute am Mittwoch in den Sophiensælen bei einem Multimedia-Abend zu hören ist. Einstimmen darauf kann man sich mit einem lauten und am besten mehrmaligen Nachsprechen des Titels der Performance: „Omöohhhno pahtuuontudonthose“. THOMAS MAUCH

■ 25 Jahre Klangwerkstatt bis 16. November, Programm: www.klangwerkstatt-berlin.de

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